14.5.2018 - KNA
ZdK-Präsident zieht Bilanz des Münsteraner Christentreffens
Sternberg: Der Katholikentag funktioniert
Von Ludwig Ring-Eifel (KNA)
Münster (KNA) Münster ist vorbei - ab jetzt steht der dritte Ökumenische Kirchentag 2021 in Frankfurt vor der Tür. In einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) zieht der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, eine Bilanz des 101. Katholikentags.
KNA: Herr Sternberg, die Medien werten diesen Katholikentag als Erfolg. Welche Höhepunkte und Schwachpunkte sehen Sie?
Sternberg: Es ist der größte Katholikentag seit der Wiedervereinigung. Damit haben wir nicht gerechnet. Aber die Zahlen machen nicht die Qualität aus. Was mich freut ist, dass der Katholikentag in seiner Mischung von Politik, Religion, Kultur und Feier funktioniert. Nach Leipzig 2016 hieß es, die politischen Foren seien schlecht besucht. Hier in Münster stimmt das überhaupt nicht. Wir hätten die Hallen beim Bundespräsidenten, bei Präsident Santos oder bei der Bundeskanzlerin dreimal füllen können. Die politischen Foren laufen sehr, sehr gut und zeigen: Katholische Frauen und Männer in diesem Land wissen, dass Frömmigkeit und Gestaltung der Welt zusammen gehören.
KNA: Es gab Kritik, dass viele Veranstaltungen überfüllt waren und Leute nicht reinkamen.
Sternberg: Die Größe einer Halle begrenzt die Besucherzahlen. Und die Sicherheitsvorschriften sind streng. Mir tut es sehr leid, dass einige Probleme hatten, weil Hallen zu voll waren. Und dass unser Merchandising-Shop komplett ausverkauft ist. Es gibt keine Kerzen, nichts mehr. Das gab es noch nie. Das hat sicher auch mit Münster zu tun. Hier kann man über Kirche und Glauben öffentlich reden. Das hat auch zu tun mit den beiden großen theologischen Fakultäten.
KNA: Die "Frankfurter Rundschau" schrieb, der Katholikentag sei eine Echokammer des liberalen Katholizismus geworden, es fehle die Auseinandersetzung mit den Konservativen.
Sternberg: Das ist für mich eine sehr wichtige Frage. Meine Antwort ist, dass wir als Zentralkomitee der deutschen Katholiken in unseren Reihen viele unterschiedliche Ausrichtungen haben. Das ist kein liberal-linker Verein. Was die konservativen Gruppen betrifft: Alle meine Versuche, auf sie zuzugehen, waren bisher erfolglos. Ich selbst würde die gerne aufnehmen, genauso wie ich "Wir sind Kirche" aufnehmen würde. Aber ich verstehe, wenn Gruppen sagen, sie wollen ihre Sachen gerne außerhalb vom ZdK machen. Aber sehen Sie sich die Leute an, die bei uns mitmachen, das ist sehr, sehr bunt. Nur, die haben alle eine feste Überzeugung: Bestimmte Ausgrenzungen und ein bestimmter Nationalismus, das geht christlich nicht. Man kann nicht ein christliches Abendland mit Methoden verteidigen, die genau diesem Christlichen widersprechen. Dann sagen wir Nein. Islamophobie, Antisemitismus, Ausgrenzung von Ausländern, das sind Dinge, die gehen mit Christen nicht, Punkt.
KNA: Dennoch haben Sie erstmals die AfD zu einem Katholikentag eingeladen. War das eine gute Entscheidung?
Sternberg: In Leipzig 2016 bin ich geprügelt worden, weil die AfD auf kein Podium durfte. Jetzt war die Lage anders: Wenn wir die religionspolitischen Sprecher der Fraktionen im Bundestag einladen, und dann schließen wir eine große Fraktion aus, wie kann man das machen? Dann hätten die gesagt: Seht ihr, man grenzt uns aus. Mit diesem Modell spielen sie ja eh viel zu viel. Sie treten auf, als wären sie die Opfer. Da muss man gegenhalten und sagen: Komm, dann sind sie jetzt dabei. Das war kein großes Podium, es lief einfach mit. Wir gehen da erhobenen Hauptes weiter. Und es bleibt ganz klar, dass Positionen einer AfD, die sich immer weiter radikalisiert, von uns nicht geteilt werden. Das haben wir nochmals deutlich gemacht mit dem Münsteraner Manifest. Was Herr Gedeon mit seinen antisemitischen Aussagen und Herr Höcke mit seinen Äußerungen zum Holocaust-Denkmal sagen, das sind Tabuverletzungen. Die sind so unglaublich empörend, da wird gezündelt. Ich glaube, deswegen sind Katholikentage und Kirchentage auch so wichtig. Wir brauchen große Foren, bei denen Menschen sich miteinander austauschen, auch aus unterschiedlicher politischer Richtung.
KNA: Ist die starke Präsenz der AfD in den Parlamenten nicht letztlich ein "Kollateralschaden" der offenen deutschen Flüchtlingspolitik?
Sternberg: Da werden auf das Thema Flüchtlinge Dinge übertragen, die damit überhaupt nichts zu tun haben - wenn zum Beispiel Terrorismus, Islam und Flüchtlinge zusammengebracht werden. Das stimmt alles nicht, das ist schief. In Frankreich etwa wurden viel weniger Flüchtlinge aufgenommen, trotzdem haben die viel mehr islamistischen Terrorismus. Außerdem ist es ja nicht so, als würden wir von Flüchtlingen überflutet. Hier geht es um eine Frage der Humanität. Wenn 6.000 Menschen im Jahr im Mittelmeer ertrinken, kann uns das doch nicht egal sein! Papst Franziskus war übrigens der Erste, der darauf bei seinem Besuch in Lampedusa 2013 hingewiesen hat. Wir müssen begreifen: Das Thema Flüchtlinge ist nicht nur ein Sachthema, es geht um Menschen.
KNA: Sie sind jetzt 66. Werden Sie beim Katholikentag 2022 weiter an der Spitze des ZdK stehen, oder wird es einen Generationswechsel geben?
Sternberg: Im November 2021 endet meine Amtszeit. Wir wissen natürlich nicht, was bis dahin passiert. Aber der normale Fall ist, dass ich dann abtrete. Aber vorher haben wir im Sommer 2021 einen Ökumenischen Kirchentag, den wir jetzt schon vorbereiten.
Zuletzt geändert am 16.05.2018