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Veröffentlicht am 01­.05.2018

Mai 2018 – „Kirche In“ (Kolumne „Unzensiert“)

Kirche im Fluss

Mit einem Brief nach Rom haben sich sieben Bischöfe gegen eine Zwei-Drittel-  Mehrheitsentscheidung der Deutschen Bischofskonferenz gewandt. Sie stört die Öffnung der Kommunion in Sonderfällen für protestantische Ehepartner, die die Deutsche Bischofskonferenz unter Vorsitz des Münchner Kardinals Reinhard Marx im Februar darin angedacht hat. Aber geht es ihnen nur um diesen zaghaften Schritt zu mehr Geschwisterlichkeit in der Kirche, oder stellen sie damit mehr in Frage?

Papst Franziskus hat einen Prozess in Gang gebracht, der auf mehr Eigenverantwortlichkeit auf  verschiedenen Ebenen setzt und kritisches Nachdenken über sogenannte Traditionen anregt.  Nun fängt die Deutsche Bischofskonferenz an, sich ein bisschen zu trauen und schon spüren einige Rotkäppchen den Drang, als Schleusenwärter  zu agieren. Nur ja nichts fließen lassen.

Womit sie vielleicht nicht gerechnet haben, ist die breite Empörung, die sich ob dieses Schreibens aufgebaut hat. An Menschen, die sich dadurch getroffen fühlen, hatten sie wohl nicht gedacht. Mit dem Beschluss, der mit 13 Gegenstimmen bei 60 anwesenden Bischöfen gefasst wurde, bot sich für sie eine gute Gelegenheit, mit ihrem Reformstauprojekt zum Ausdruck zu bringen, was sie von den erneuernden Impulsen des argentinischen Papstes halten. Man hat den Eindruck, sie wollen die autoritären, totalitären Verhältnisse um jeden Preis beibehalten und so ein entmündigtes Gottesvolk weiter klein halten. Womöglich steckt auch die Idee dahinter, alles muss so bleiben wie es ist weil es immer schon so war. Was natürlich nicht stimmt, das wird bei aufmerksamem Studium der Kirchengeschichte klar. So wird eine Theologie vertreten, die das Machtgefüge rechtfertigt. Aber eine Theologie, die zum Machterhalt eines Systems dienen soll, kann weder Gott noch den Menschen dienen.

Soll die Erneuerung in unserer Kirche im Fluss bleiben, so müssen Schleusen abgebaut werden, die zum Austrocknen des Flussbetts beitragen. Dazu gehören z.B. eine kritische Revision des Amtsverständnisses, des, auch durch den Brief wieder eingeforderten, absoluten Primats von Rom oder eine theologische Aufarbeitung des unter haarsträubenden Bedingungen zustande gekommenen Unfehlbarkeitsdogmas, das der Wahrheitssuche im Weg steht.

Die Kirche ist, wie auch das Leben selbst, im Fluss. Franziskus hat das erkannt und damit begonnen, dem Fluss wieder zum Fließen zu verhelfen. Und er hat erkannt, dass ein zu langes und zu intensives Anstauen letztlich zum Dammbruch und zur völligen Zerstörung führt.

Sigrid Grabmeier
Wir sind Kirche Deutschland
www.wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 17­.05.2018