April 2020 – „Kirche In“ (Kolumne „Unzensiert“) Vorabdruck
Mit neuem Chef weiter so!
In Deutschland konnten die Bischöfe – anders als in Österreich – am 3. März in Mainz noch einen neuen Vorsitzenden ihrer Bischofskonferenz wählen, bevor das öffentliche Leben wegen des Corona-Virus zum Erliegen kam. Dass Kardinal Marx drei Wochen zuvor mitteilte, dass er keine zweite Amtszeit wolle, überraschte alle sehr. Hatte doch keine zwei Wochen zuvor die erste Vollversammlung des Synodalen Weges in Frankfurt erfolgreich getagt. Möglicherweise haben auch die Widerstände gegen den Synodalen Weg zu seiner Entscheidung beigetragen.
Es verdient große Anerkennung, dass Kardinal Marx als Antwort auf die deutsche Missbrauchsstudie, die sogenannte MHG-Studie, gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken den Synodalen Weg initiiert hat. Jetzt darf der Wechsel an der Spitze der Bischofskonferenz auf keinen Fall den gerade so mühsam begonnenen dringend notwendigen Reformprozess gefährden. Für die kommenden schwierigen Etappen des Synodalen Weges mag der zum neuen Vorsitzenden gewählte Limburger Bischof Georg Bätzing – sein Wahlspruch „Führe zusammen“ – der etwas geeignetere Mann sein. Seit gut drei Jahren bemüht er sich, die Wunden seines Vorgängers Franz-Peter Tebartz-van Elst im Limburger Bistum zu heilen.
Sowohl vor als auch nach seiner Wahl hat Bätzing sich eindeutig zum Synodalen Weg bekannt und sich auch engagiert zu dessen „Reizthemen“ wie Machtmissbrauch, Frauenweihe, freiwilliges Zölibat und Homosexualität geäußert. In seinem Bistum findet auch der 3. Ökumenische Kirchentag 2021 statt. Auch für die Zusammenarbeit innerhalb der Bischofskonferenz hat er neue Ideen. Angesichts des Relevanzverlustes wird die gesamte Bischofskonferenz zu einem neuen kooperativen und partizipativen Selbstverständnis finden müssen, das das Kirchenvolk mit einbezieht.
Durch das nachsynodale Schreiben „Querida Amazonia“, das in seinem vierten Teil zumindest auf den ersten Blick sehr enttäuschend ist, sehen manche den Synodalen Weg in Deutschland schon am Ende. Aber wer es genauer liest: Franziskus wehrt sich gegen vorschnelle quantitative Antworten auf pastorale Mangelsituationen, wendet sich vehement gegen jeden Klerikalismus und will eine neue Theologie der Macht in der Kirche. Dies ist die große Chance des Synodalen Weges, mit Hilfe der in unserem Land hochentwickelten Theologie „mutige Vorschläge“ für unseren Kulturraum zu machen. Also bitte: „Weiter so“!
Am Ende der Frühjahrsversammlung trafen die Bischöfe dann aber noch eine nicht nur für die Betroffenen sehr enttäuschende Entscheidung. Bei der Entschädigung sexualisierter Gewalt folgten Sie nicht der Empfehlung der unabhängigen Arbeitsgruppe der Bischofskonferenz und wollen stattdessen beim unverbindlichen Anerkennungsverfahren mit deutlich niedrigeren Summen bleiben. Die Klärung der Details wurde verschoben. Bischöfe, hier darf es kein „Weiter so“ mehr geben!
Christian Weisner
Wir sind Kirche Deutschland
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Zuletzt geändert am 24.03.2020