4.5.2020 - faz.net
Benedikt XVI. : „Man will meine Stimme ausschalten“
In einer jetzt erschienenen Biografie beklagt Benedikt XVI. „Stimmungsmache“ gegen sich. Die Wirklichkeit werde „bösartig verzerrt“, kritisiert der emeritierte Papst.
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Die Biografie von Autor Peter Seewald kam am Montag auf den Markt. Kritiker werfen Benedikt, der von 2005 bis 2013 Papst war, vor, sich seit seinem Rücktritt wie eine Art „Schattenpapst“ zu verhalten. Besonders laut wurde diese Kritik, als im vergangenen Jahr ein Beitrag von ihm in einem Buch von Kardinal Robert Sarah über den Zölibat erschien. Zu den Kritikern gehört auch die katholische Reformbewegung „Wir sind Kirche“. „Angesichts seiner äußerst zahlreichen Veröffentlichungen vor, während und auch nach seiner Amtszeit als Papst kann doch davon, dass man die Stimme Joseph Ratzingers ausschalten wolle, keine Rede sein“, sagte ihr Sprecher Christian Weisner am Montag. „Viele irritiert jedoch, und ich denke zu Recht, dass er trotz der damaligen Ankündigung, ,verborgen vor der Welt zu leben', sich auch nach seinem Rücktritt immer wieder zu aktuellen Debatten zu Wort meldete.“ Dabei sei allerdings schwer zu beurteilen, „ob dies alles nun noch sein eigener Wille ist oder ob er von ihm nahe stehenden Personen instrumentalisiert wird“.
Kritik äußerte ,Wir sind Kirche' auch daran, dass Ratzinger in der Biografie einen Zusammenhang zwischen dem Antichristen und der Homo-Ehe herstellt. „Wenn Joseph Ratzinger jetzt eine antichristliche gesellschaftliche Exkommunikation derjenigen sieht, die sich beispielsweise gegen Homosexualität und Abtreibung positionieren, so mag das seine Wahrnehmung sein“, sagte Weisner. „In der Realität ist dagegen doch ein zunehmend militanter und sich christlich nennender Fundamentalismus in evangelikalen wie auch katholischen Kreisen auf Weltebene festzustellen.“
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Zuletzt geändert am 04.05.2020