| |
Veröffentlicht am 01­.11.2021

Novmeber 2021 – Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)

"Wer soll sonst mit Vollmacht in der Kirche handeln?"

Diese Frage stellte Bischof Bertram Meier von Augsburg angesichts der Debatte beim letzten Treffen des Synodalen Weges in Frankfurt über das sakramentale Weiheamt. In einer denkbar knappen Abstimmung votierten 95 Teilnehmende für und 94 gegen eine grundsätzliche Auseinandersetzung über Gestaltung und Notwendigkeit des priesterlichen Amtes.

„Vollmacht“, das ist ein Begriff, der die Machtstrukturen der Kirche zugleich beschönigen und verhüllen will. Die Vollmacht wird durch die Ordination von einem Ordinierten auf einen nun neuen Ordinierten übertragen. Das ist das traditionelle Modell der röm. kath. Kirche. Zumindest seit ein paar Jahrhunderten. Darin bildet sich auch die Vermittlungsvollmacht ab, die sie sich angeeignet hat. Es könnte aber auch eine Ordination aus der Gemeinde oder der Ortskirche heraus geben, z.B. durch eine Wahl und ein anschließendes Ordinationsgebet der Gemeinde und damit eine sowohl menschliche wie auch geistliche Einsetzung in ein Dienstamt. Aber davor fürchtet sich Bischof Bertram, das scheint ihm zu lutherisch und er fürchtet damit um die „Sakramentalität der Kirche“, um den Verlust des „katholischen Propriums“. Noch schlimmer, dann „bröckelt der Leib Christi“.

Für was dieser geschundene Leib alles herhalten muss. Würde ich diese Worte wörtlich verstehen, dann würde ich sagen, dieser Leib ist eine Gipsfigur, auf die mehrere Farbschichten aufgetragen sind und auf Grund des schlechten Umgangs damit platzen diese Schichten ab und dann immer mehr, es brechen die Nase, die Dornen, die Finger ab und schließlich bleibt eine nicht mehr genau erkennbare Ruine einer Plastik über. Der Leib Jesu wurde ja tatsächlich zerstört, damals als er ermordet wurde, weil er mit seinem Gottes- und Menschenbild die Ordnung der (Voll-) Mächtigen störte. Und sein Leib wurde immer wieder geschunden und misshandelt. „Was ihr den geringsten tut, das tut ihr mir“. -

Machtmissbrauch ist schlimm, verwerflich, kann in Katastrophen führen. Missbrauch von Vollmacht, vor allem einer so umfänglichen Vollmacht, wie sie die röm. kath. Kirche vermittelt, geht aber weit darüber hinaus. Denn sie beruft sich auf Höheres, auf etwas nicht von dieser Welt, auf Heiliges und so missbraucht sie dieses, zieht dieses Unantastbare, Unbegreifliche in den Schmutz und lässt es aussehen wie eine zerstörte Gipsfigur.

„Wer soll sonst mit Vollmacht in der Kirche handeln?“- Die Getauften und Gefirmten! - Jeder und jede mit deutlich weniger, aber zusammen kraftvoll.

Sigrid Grabmeier
Wir sind Kirche Deutschland

 

 

Zuletzt geändert am 12­.11.2021