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Veröffentlicht am 01­.04.2022

April 2022 – Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)

Hilflose Sprachlosigkeit

Der Angriffskrieg gegen die Ukraine hat am 24. Februar 2022 eine Zeitenwende eingeläutet, die alles auf den Prüfstand stellt und die unser Weltbild und alle Prioritäten durcheinanderwirbelt. Was außer Frieden ist jetzt überhaupt wichtig? Wie relevant sind da noch Kirchenreformen? Uns alle hat eine hilflose Sprachlosigkeit erfasst, die aber auch eine große Welle der Hilfsbereitschaft in unserem Land ausgelöst hat und die hoffentlich lange anhält.

Auch die Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe Mitte März 2022 im Kloster Vierzehnheiligen war vom Kriegsereignis überschattet. Wie geplant haben sich die Bischöfe aber trotzdem intensiv untereinander und mit den Spitzen des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) sowie den Co-Leitungen der vier Synodalforen über den bisherigen Stand und die weiteren Etappen des Synodalen Weges ausgetauscht.

Am Ende sprach ihr Vorsitzender, der Limburger Bischof Georg Bätzing von „einer gewissen hilflosen Sprachlosigkeit“ und meinte damit die höchst unklare Situation um Kardinal Rainer Maria Woelki und dessen Rückkehr ins Kölner Erzbistum. Wenige Tage zuvor, als seine verordnete fünfmonatige „geistliche Auszeit“ abgelaufen war, hatte Woelki am Aschermittwoch bekannt gegeben, dass er dem Papst seinen Rücktritt angeboten habe. Die unselige Hängepartie um die Leitung des Kölner Erzbistums geht also weiter. Da fühlen sich die anderen Bischöfe zu Recht in einer hilflosen Position. Denn, ob es in Köln gut geht oder nicht, wird die Kirche in ganz Deutschland betreffen, sagte Bätzing.

Kardinal Woelki war – zusammen mit dem Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer – von Anfang an ein Gegner des Synodalen Weges in Deutschland. Es ist nicht damit zu rechnen, dass er seine Totalverweigerung gegenüber diesem Reformprozess aufgeben wird. In seinem Hirtenwort zur Rückkehr, das nur um seine Person kreist, erwähnt er den Synodalen Weg mit keiner Silbe. Seit dessen Beginn hat Woelki an keiner der zahlreichen Sitzungen des Synodalforums 2 „Priesterliche Existenz heute“, dem er angehört, teilgenommen.

Sein Rücktrittsangebot war ein geschickter Schachzug, mit dem er alle Verantwortung auf den Papst geschoben hat. Wesentliche Verantwortung tragen aber auch Kardinal Marc Ouellet, den noch Papst Benedikt 2010 zum Präfekten der Bischofskongregation berufen hat, der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterović, sowie die beiden Visitatoren des Kölner Erzbistums. Es wird immer offensichtlicher, dass konservative Kreise in Rom und in Deutschland, wie zum Beispiel das Opus Dei, Kardinal Woelki als Leiter eines der finanzstärksten Bistümer und als Bremser des Synodalen Wegs auf Biegen und Brechen im Amt halten wollen.

Die Querschläge gegen den Synodalen Weg in Deutschland hören nicht auf. Jetzt hat der australische Kardinal George Pell die vatikanische Glaubenskongregation gebeten, gegen den Luxemburger Erzbischof Kardinal Jean-Claude Hollerich und Bischof Georg Bätzing offiziell einzuschreiten wegen deren „pauschaler und ausdrücklicher Ablehnung der Lehre der katholischen Kirche zur Sexualethik“. Und der frühere Glaubenspräfekt Kardinal Gerhard Ludwig Müller stößt gleich hinterher und spricht von der „offenen Häresie des Deutschsynodalismus“. Da ist man auch sprachlos.

Christian Weisner
Wir sind Kirche-Deutschland
www.wir-sind-kirche.de

 

Zuletzt geändert am 08­.04.2022