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Veröffentlicht am 14­.04.2023

13.4.2023 - KNA

Kirchenkritiker Jacques Gaillot stirbt mit 87 Jahren

Von Alexander Brüggemann (KNA)

Paris (KNA) Der Kirchenkritiker und frühere Bischof von
Evreux Jacques Gaillot ist tot. Er starb am Mittwochnachmittag
im Alter von 87 Jahren (11. September 1935), wie die
Französische Bischofskonferenz bestätigte. 1995 war Gaillot
von Papst Johannes Paul II. von der Leitung des Bistums
Evreux entbunden worden. Seitdem trug er den Bischofstitel
einer lange untergegangenen Diözese in Nordafrika, Partenia.
Bis 2010 war Gaillot als Autor, Seelsorger für Randgruppen
und in der von ihm gegründeten virtuellen Diözese
 www.partenia.org tätig, wo sich auch andere Kirchenkritiker
austauschten.

Die Initiative Wir sind Kirche nannte Gaillot einen mutigen,
aufrichtigen und prophetischen Bischof. Gaillot habe
keine sozialen Tabus gekannt und sei in christlicher Nachfolge
den Menschen in Not am Rande der Gesellschaft wirklich
nahe gewesen. Sein prophetisches Wirken als Bischof für und
mit den Menschen sollte zum Vorbild eines Bischofsamtes für
die christliche Kirche im 21. Jahrhundert werden, erklärte
Wir sind Kirche.

Der Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke verwies auf
seinen Fachaufsatz von 2015 über Entfernung von Diözesanbisch
öfen, in dem er schrieb: Bischof Gaillot ist konsequent
seinem - in amtlicher Sicht als irrend geltenden - Gewissen
gefolgt.

Auch nach Erreichen der kirchenrechtlichen Altersgrenze
von 75 Jahren und Gaillots Rückzug von www.partenia.org
hielt der damalige Kölner Kardinal Joachim Meisner noch
2012 an seinem Hausverbot für den einstigen französischen
Amtsbruder in seiner Diözese fest. Seit 2013 veröentlichte
Gaillot Kolumnenbeiträge in der Zeitung Hungton Post,
in denen er etwa aktive Sterbehilfe und gleichgeschlechtliche
Ehen propagierte.

Nachdem es über einige Jahre ruhig um Gaillot geworden
war, machte 2015, kurz vor seinem 80. Geburtstag, eine
Begegnung mit Papst Franziskus Schlagzeilen. Das Kirchenoberhaupt
empng den fast gleichaltrigen französischen
Bischof zu einem 45-minütigen Gespräch im Vatikan. Ein mit
Gaillot vertrauter Geistlicher sprach anschlieÿend von einem
Treen von Gleichgesinnten.

Mit Blick auf die Segnung von wiederverheirateten Geschiedenen
oder homosexuellen Paaren habe der Papst gel
ächelt und gesagt: Der Segen Gottes ist für alle da. Zum
Thema der Sorge für die Flüchtlinge und Migranten, eine
der zentralen Aufgaben Gaillots seit seiner Absetzung 1995,
habe Franziskus betont: Die Migranten waren und sind immer
das 'Fleisch' der Kirche. Gaillot selbst sagte nach der
Begegnung, er fühle sich damit rehabilitiert.
Bekannt wurde Gaillot über Frankreich hinaus wegen sei-
ner kritischen Anmerkungen über die Haltung der Kirche zum
Zölibat, zu künstlicher Empfängnisverhütung oder Homosexualit
ät. Damit stieÿ er nicht nur im Vatikan, sondern auch
bei den Bischöfen in Frankreich auf Kritik. Mehrfach gab es
symbolische Gesten Gaillots und der Französischen Bischofskonferenz
zu einer Aussöhnung; praktische Schritte folgten
jedoch nicht. Viele seiner Bücher wurden auch ins Deutsche
übersetzt.

Der aus der Champagne stammende Gaillot wurde nach
Studien in Frankreich und Rom 1961 zum Priester geweiht
und war unter anderem als Dozent am Priesterseminar in
Reims und Gemeindepfarrer sowie in der Priesterausbildung
in Paris tätig. 1977 wurde er zum Generalvikar der Diözese
Langres berufen und 1982 zum Bischof von Evreux ernannt.

Zuletzt geändert am 14­.04.2023