24. November 2008
Aids-Pfarrer Hippler darf nicht im deutschen Fernsehen auftreten
Von Gernot Facius am 25. November 2008 in "Die Welt"
Es ging um Afrika, und es ging um das für die katholische Kirche schwierige Thema Aids. Aber derjenige, der als Autorität und Kenner der Realität zum Talk bei Reinhold Beckmann in der ARD eingeladen war, konnte angeblich nicht kommen: Wurde Pfarrer Stefan Hipppler von der Kirche ein Maulkorb verpasst?
Stefan Hippler, seit 1997 Pfarrer der deutschsprachigen römisch-katholischen Gemeinde in Kapstadt (Südafrika), sollte bei Beckmann über die von ihm aufgebaute Aids-Hilfsorganisation „Hope Cape Town“ berichten. Einen Tag vor der Sendung sagte Hippler ab. Eine offizielle Begründung konnte er nicht geben. Stattdessen sagte Beckmann: „Im Vorfeld unserer heutigen Sendung soll es Druck von offizieller Seite, der Deutschen Bischofskonferenz aus der Abteilung Weltkirche, gegeben haben.“ Hippler habe „zuletzt keinen anderen Weg, als seine Zusage für seinen Auftritt hier zurückzuziehen“.
Der Journalist Bartholomäus Grill, der stellvertretend für den Pfarrer im Studio Platz nahm, wurde noch deutlicher. Der Afrika-Korrespondent der „Zeit“ und Co-Autor von Hipplers vatikankritischem Buch „Gott, Aids, Afrika“ (2007), berichtete von einer „Drohkulisse“, die gegen Hippler aufgebaut worden sei. Wenn Hippler bei Beckmann aufgetreten wäre, so habe Grill gehört, wäre er „morgen vermutlich nicht mehr im Dienst“. Hat die katholische Kirche dem Geistlichen einen Maulkorb verpasst?
Hippler selbst wollte diese Frage nicht beantworten: „Wenden Sie sich doch bitte an meinen Arbeitgeber“, schrieb er per E-mail aus Südostasien, wo er sich zur Zeit aufhält. „Ich bin da die falsche Ansprechperson.“ Die Pressestelle der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in Bonn lehnte es zunächst ab, sich dazu zu äußern, bestätigte allerdings, dass der Leiter des Bereichs Weltkirche und Migration, Ulrich Pöner, Pfarrer Hippler geraten habe, „nicht in die Sendung zu gehen".
Es soll nicht das erste Mal gewesen sein, dass Pfarrer Hippler derartige Probleme mit seinen Vorgesetzten bekommen hat. Hippler ist für den Einsatz von Kondomen, verteilt laut Grill in der Beckmann-Sendung „jeden Monat Tausende“, und hat die katholische Kirche mehrfach öffentlich aufgefordert, in Zeiten von Aids Teile ihrer Moraltheologie zu revidieren. Solche Appelle haben ihm schon vor wenigen Monaten Probleme mit der katholischen Kirche eingetragen.
Im November 2007 hatte Hippler im Bundestag aus seinem Buch „Gott, Aids, Afrika“ gelesen. Weitere Lesungen wurden nach Intervention der Bischofskonferenz abgesagt; er selbst teilte mit, er sei dazu von seiner vorgesetzten Stelle veranlasst worden. Der Sekretär der DBK, Jesuitenpater Hans Langendörfer, verteidigte die Maßnahme: Man habe Hippler davor bewahren wollen, für eine undifferenzierte Kritik an der kirchlichen Sexualmoral instrumentalisiert zu werden.
Hippler hat einen ungewöhnlichen Lebensweg. Als junger Geistlicher verließ er vorübergehend den kirchlichen Dienst. Er verdingte sich bei McDonalds, um die Lebenswelt der Mitarbeiter des Konzerns kennenzulernen, er arbeitete als Pflegehelfer, als Betreuer von Krebspatienten und Asylsuchenden.
1997 kehrte er in den priesterlichen Dienst zurück. Als Rebell gegen seine Kirche sieht sich der „unverbesserliche Optimist“ (Hippler über Hippler) keineswegs. Aber, so sagt er über seinen Kampf gegen Aids: „Es zwingt mich auf die Knie, wenn ich am Totenbett eines Kindes sitzen muss.“
Bildunterschrift: Der Pfarrer Sefan Hippler gilt als Kenner des afrikanischen Kontinents. Auch das Aids-Problem ist ihm bewusst. Die Kirche möchte, dass er schweigt.
Zuletzt geändert am 26.11.2008