26.11.2008 - Süddeutsche Zeitung
Durch Strenge überleben? Deutschlands letztes Trappistenkloster führt alte Messe ein
Noch im Februar dieses Jahres diagnostizierte der Papst eine „geistliche und charismatische Müdigkeit” bei vielen Orden. Einzig jene Gemeinschaften seien reich an Berufungen, die „einen strengen Lebensstil bewahrt” oder den „Entschluss gefasst haben, zu ihren Ursprüngen zurückzukehren”. Auch die weltweit 4000 Trappisten und Trappistinnen, ursprünglich einer der rigidesten Orden, leiden besonders dort an Nachwuchsmangel, wo man sich von den Maximen des Gründers entfernt hat. Armand Jean de Rancé, ein Neffe von Kardinal Richelieu, wurde 1664 Abt von La Trappe und setzte dort seine Reform ins Werk. Er wollte das zisterziensische Ideal absoluter Anspruchslosigkeit revitalisieren. Fleisch, Fisch, Eier und Butter waren ebenso verboten wie Gespräche. Nur Gebet, Gottesdienst und Handarbeit blieben gestattet.
Gar so rigide soll die Reform von Mariawald nicht ausfallen. Deren hauptsächliches Merkmal wird die Einführung der von Benedikt XVI. protegierten gregorianischen bzw. tridentinischen Messe sein. Abt Vollberg, ein 45-jähriger Betriebswirt und Theologe aus Wetzlar, sieht darin die einzige Chance, sein Kloster vor dem Aussterben zu bewahren. Die derzeit 12 Geistlichen sind mehrheitlich älteren Semesters, während etwa in Frankreich die traditionsverbundenen Klöster von Le Barroux und Fontgombault boomen. Mit dem Privileg, so Vollberg, werde „erstmalig auch in Deutschland die Möglichkeit eröffnet, die alte Tradition des kontemplativen Lebens in den erhabenen Formen der klassischen Liturgie und in der strengen Observanz der Regel des Hl. Benedikt zu leben”. Den „direkten päpstlichen Rechtsakt”, der am vergangenen Freitag der Abtei bekannt gemacht wurde, ist in Vollbergs Augen ein Signal an die Weltkirche: Mit der Hinwendung zur überlieferten Liturgie wolle Benedikt die „Erneuerung des monastischen Lebens insgesamt” vorantreiben.
Da die Abtei auf dem Gebiet der Diözese Aachen liegt, wird der päpstliche Erlass für erhebliche Unruhe sorgen. Bischof Heinrich Mussinghoff steht der Alten Messe skeptisch gegenüber. Als Benedikt XVI. im Juli 2007 die traditionelle Form rehabilitierte, warnte Mussinghoff, „bestimmte liturgische Vorlieben” dürften nicht zur Spaltung der Gemeinden führen. Derzeit ist die recht unsensible Art, mit der Mussinghoff den Priestermangel verwaltet und Gemeinden zwangsfusioniert, Stein des Anstoßes. In dieser Situation, mag der Papst sich gedacht haben, kann es nicht schaden, einem Kloster in Mussingshoffs Reichweite besonders aufzugeben, was laut Benedikt allen Orden aufgegeben ist: Sie sollen Bollwerke sein gegen „Mittelmäßigkeit, Verbürgerlichung und Säkularismus”. ALEXANDER KISSLER
Zuletzt geändert am 26.11.2008