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Veröffentlicht am 26­.11.2008

26.11.2008 - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Papst warnt vor Illusionen - „Interreligiöser Dialog im engeren Sinn nicht möglich”

Papst Benedikt XVI. hat vor Illusionen im interreligiösen Dialog gewarnt und einen „Dialog im engen Sinn des Wortes” abgelehnt. In einem Vorwort für ein Buch des ehemaligen italienischen Senatspräsidenten Marcello Pera, das jetzt veröffentlicht wurde, bekräftigt Benedikt Peras Darstellung der „Multikulturalität”: Sie sei „innerlich widersprüchlich” und daher „politisch und kulturell unmöglich”. Europa müsse daher von seinem „christlich-liberalen Fundament seine Identität” finden, nicht eine imaginäre „kosmopolitische”.

Zustimmend äußert sich der Papst über Peras Analyse des interreligiösen Dialogs; er sei „nicht möglich”. Nur aus anderen Veröffentlichungen Benedikts wird deutlich, dass er damit „ergebnisoffene” Verhandlungen zwischen Anhängern verschiedener Religionen über gleichsam „verhandelbare” Positionen ihres Glaubensbekenntnisses meint; diese Dogmen könnten nicht von einem Dialog korrigierbar angetastet werden. In dem Vorwort heißt es: „Um so notwendiger ist der interkulturelle Dialog, der die kulturellen Konsequenzen der religiösen Grundentscheidung vertieft.”

Anfang dieses Monats hatte unter Leitung des „Päpstlichen Rats für den Interreligiösen Dialog” das erste Seminar des Katholisch-Muslimischen Forums in Rom getagt und eine gemeinsame Erklärung verabschiedet. Dabei war es nicht zu einem interreligiösen Dialog im engeren Sinn gekommen, etwa über das Prophetentum Mohammeds oder die Gottessohnschaft Christi.

KOMMENTAR

Dass Papst Benedikt XVI. zuallererst Theologe im strengen Sinn des Wortes ist, unterscheidet ihn von seinem Vorgänger Johannes Paul II. Der Pole auf dem Stuhl Petri war vor allem ein Mann der Gesten und verbindenden Zeichen, so wie der Deutsche immer zuerst ein Mann des Wortes und der klaren Distinktion gewesen ist. Doch ginge fehl, wer diesen Wesenszug mit einer Abkehr des Vatikans von der Ökumene oder dem Gespräch mit anderen Weltreligionen gleichsetzen wollte. In Gestalt der Kardinäle Kasper (Päpstlicher Rat zur Förderung der Einheit der Christen, Gespräch mit dem Judentum) und Tauran (Interreligiöser Dialog) bietet er für den Dialog zwei exzellente, diplomatisch versierte Theologen auf. Und noch nie stand Rom mit so vielen Kirchen, Bewegungen und Religionsgemeinschaften im Gespräch. Vieles wurde von Johannes Paul begonnen; Benedikt hat - nach anfänglichen Unsicherheiten - auf diesem Fundament weitergebaut. Dass er dabei an das Feststehen im je eigenen Glauben als Voraussetzung jedes Dialogs erinnert, kann nur den verwundern, der sich selbst nicht ernst nimmt.

Zuletzt geändert am 03­.12.2008