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Veröffentlicht am 12­.10.2009

12.20.2009 - Welt online

Katholische Bischöfe sagen Ökumene-Sitzung ab

Streit mit Protestanten

Von Gernot Facius

Die für Donnerstag geplante turnusmäßige Plenarsitzung des katholisch-evangelischen Kontaktkreises findet nicht statt. Die katholischen Bischöfe fühlen sich von einem "internen Diskussionspapier " aus der Feder des evangelischen Oberkirchenrats angegriffen. Doch einige der Beobachtungen treffen ins Schwarze.

Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) ist verstimmt. Wegen der anhaltenden Irritationen um ein mit polemischen Spitzen gegen die katholische Kirche gespicktes „internes Diskussionspapier“ aus der Feder des evangelischen Oberkirchenrats Thies Gundlach (Hannover) wurde die für Donnerstag geplante turnusmäßige Plenarsitzung des katholisch-evangelischen Kontaktkreises abgesagt. Es soll stattdessen, wie DBK-Sprecher Matthias Kopp WELT ONLINE sagte, „ein klärendes Gespräch“ geben, an dem jeweils drei führende Vertreter der Bischofskonferenz und des Rates der EKD teilnehmen. In der gegenwärtigen Situation wäre es „falsch, einfach zur Tagesordnung des habjährlichen Kontaktgesprächskreises überzugehen“.

Die DBK will offensichtlich keine Begegnung, bei der nur ökumenische Freundlichkeiten ausgetauscht werden. Sie besteht vielmehr auf einer klaren Auskunft über die Relevanz des aus dem EKD-Kirchenamt stammenden Papiers. Die bisherigen Distanzierungen von der umstrittenen Ausarbeitung reichen der DBK nicht aus. „Das Thema bleibt hochaktuell“, sagt Kopp. Damit lässt er es bewenden.

Der katholische Episkopat will allerdings ebenso wenig wie die EKD, dass just vor dem 2. Ökumenischen Kirchentag 2010 in München eine öffentliche Debatte über die theologischen und kirchenpolitischen Differenzen heraufbeschworen wird. Deshalb pochen die Bischöfe auf schnelle Schadensbegrenzung. Intern wird allerdings nicht verhehlt, dass Thies Gundlach, der im EKD-Kirchenamt die Abteilung „Kirchliche Handlungsfelder“ leitet, mit manchen seiner analytischen Betrachtungen ins Schwarze trifft.

Dass, wie er schreibt, die anfängliche Begeisterung über den Papst aus Deutschland rasch einem „irritierten Grundgefühl“ gewichen sei, lässt sich allein an der Empörung über die Umstände ablesen, unter denen die vier Bischöfe der traditionalistischen Priesterbruderschaft St. Pius X. von der Kirchenstrafe der Exkommunikation befreit wurden. Die deutschen Ortskirchen, denen von alters her ein „antirömischer Affekt“ attestiert wird, stehen deshalb wieder unter stärkerer vatikanischer Beobachtung.

Kein Geringerer als der deutsche Kurienkardinal Paul Cordes, ein enger Mitarbeiter von Papst Benedikt, hat seinen Kardinalskollegen Karl Lehmann beschuldigt, das Kirchenoberhaupt unzureichend verteidigt zu haben. Cordes war es auch, der jetzt über RadioVatikan seiner Heimatkirche vorhielt, es gebe bei ihr eine Kompetenzverwischung zwischen Priestern und Laien, dadurch habe sich die priesterliche Identität „verdunkelt“.

Dass, wie Oberkirchenrat Gundlach beklagt, seit zehn Jahren die „Signale der Verschiedenheit“ stärker geworden seien, geben auch katholische Bischöfe zu. Dies gilt vor allem für ethische Fragen wie die Stammzellenforschung und die Abtreibung, gegen die die katholische Seite kompromissloser auftritt als die EKD. Beim Festakt zum zehnjährigen Bestehen des Schwangerenberatungsvereins „Donum Vitae“ (Geschenk des Lebens), der trotz päpstlichen Verdikts den zu einer straffreien Abtreibung benötigten „Schein“ ausstellt, wird der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber sprechen. Das wird im Episkopat als Affront gewertet. Die Bischöfe haben sich, von Rom gedrängt, von „Donum Vitae“ distanziert. Das Vereinsjubiläum sorgt aber auch innerkirchlich für Aufsehen: Es wird vom 22. bis 23. Oktober in der Katholischen Akademie in Berlin-Mitte begangen.

Das Gundlach-Papier findet nicht gerade schmeichelhafte Worte für den Nachfolger von Kardinal Lehmann im Amt des Episkopatsvorsitzenden, Erzbischof Robert Zollitsch (Freiburg): Eine „orientierende und prägende Kraft geht von ihm nicht aus“. Zollitsch wird an der Aussprache am Donnerstag teilnehmen, das gibt dem Treffen zusätzlich Brisanz. Der Erzbischof hat sich mit seinen Absagen an kirchliche „Tabus“, worunter auch die Zölibatsfrage zu verstehen ist, und mit seinen klaren Worten in der Causa Pius-Brüder den Unmut konservativer und traditionalistischer Kreise des Katholizismus zugezogen.

Dass er nun in dem Gundlach-Papier unvorteilhaft gezeichnet wird, trifft in seiner Umgebung auf Unverständnis. Allerdings ist ihm selber mancher Fauxpas anzulasten. „Es gab immer im Auf und Ab der Kirchengeschichte schwierige Situationen“, so kommentierte Zollitsch das Faktum, dass jährlich 100 000 Menschen seiner Kirche den Rücken kehren. „Ich persönlich habe keinen Grund von einer Krise zu sprechen. Ich sehe das als eine Herausforderung, der wir uns zu stellen haben.“

Das katholische PUR-Magazin, eng mit dem konservativen Forum Deutscher Katholiken und Papst Benedikt verbunden, kommentiert spitz: „Da fragt sich der Gläubige doch etwas verwirrt, ob er vielleicht im falschen Film sitzt. Was bitteschön, ist eine Krise, wenn nicht der fast völlige Glaubensschwund unter den noch verbliebenen Katholiken, die weitgehende Gleichgültigkeit gegenüber den kirchlichen Lehren, ein eklatanten Priestermangel und der Verlust fast der gesamten Jugend im kirchlichen Leben?“

Quelle: http://www.welt.de/politik/article4822452/Katholische-Bischoefe-sagen-Oekumene-Sitzung-ab.html

> Das EKD-Papier im Wortlaut

Zuletzt geändert am 13­.10.2009