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Veröffentlicht am 10­.11.2011

10.11.2011 - Newsletter Publik Forum

Hintergrundbericht zum Weltbild-Verlag

Weltbild ist der größte deutsche Buchhändler. Was aufgrund des Verkaufsangebots nicht zu erkennen ist und daher viele nicht wissen: Dieser Medienkonzern gehört zu 100 Prozent der katholischen Kirche. Seit 2007 bündeln Weltbild und Hugendubel ihr Filialgeschäft in der DBH Deutsche Buch Handels GmbH & Co. KG mit jetzt 450 Läden. Der Konzern, zu dem auch Jokers, Anteile an buecher.de und Droemer-Knaur gehören, war 2010 mit einem Marktanteil von 18,2 Prozent führend im deutschen Buchhandel – vor Thalia und Amazon. Weltbild macht mit 6400 Mitarbeitern einen Umsatz von 1,7 Milliarden Euro und ist hierzulande im Internet nach Amazon und Ebay nach eigenen Angaben auf Platz drei. Weltbild will nun den E-Book-Markt mit einem neuen Lesegerät zum Kampfpreis von knapp 60 Euro aufmischen. Gesellschafter sind die deutschen Diözesen und die Soldatenseelsorge Berlin.

Zum Jahresanfang sorgte die Nachricht für Aufregung, dass nach dem Relaunch des Hugendubel-Online-Shops kirchenkritische Titel plötzlich aus dem Angebot verschwunden waren. Hintergrund war, dass Hugendubel auf eine gemeinsame Datenbank mit der DBH-Schwester Weltbild umgestellt hatte. Dabei verwendet Weltbild einen Filter, der regelmäßig nach rechtsextremen und pornografischen Titeln sucht und diese aussondert. Als allerdings herauskam, dass Titel wie etwa Karlheinz Deschners »Kriminalgeschichte des Christentums« fehlten, war von Zensur die Rede. Hugendubel besserte das eigene Online-Angebot nach, während Weltbild, das in der Hand der katholischen Kirche ist, bei der Verbreitung papst- oder kirchenkritischer Schriften nicht mitmacht. Die bekommen Sie aber im kirchen- und subventionsunabhängigen Shop von Publik-Forum.

Seit 30 Jahren hantiert die katholische Kirche mit Weltbild. Und hat sich zu einem »Major Player« im Mediengeschäft hochgearbeitet. Dieser Weg nach oben hat Millionen an Kirchensteuergeldern verschlungen. Sie haben dort über die Jahre knapp 182 Millionen Euro Kirchensteuergelder einbezahlt. Im stationären Buchhandel hat Weltbild rund 20 Prozent Marktanteil. Damit ist der Konzern der führende Buchverkäufer in Deutschland.

Wer so einen florierenden Großkonzern besitzt, der verdient auch einen Haufen Geld, denkt sich der einfache Katholik, und weil die Kirche wohl mit den Gewinnausschüttungen viel Gutes bewirkt, hat die ganze Sache auch ihre positive Seite. Doch genau darauf haben die Eigentümer anscheinend laufend verzichtet und die gesamten Gewinne wieder investiert, um schneller milliardenschwerer Marktführer zu werden.

Der monatlich in einer weit höheren Auflage als die drei führenden deutschen Nachrichtenmagazine »Spiegel«, »Stern« und »Focus« zusammen gedruckte 200-seitige Werbekatalog von Weltbild kommt in etwa vier Millionen Haushalte. Der Katalog ist überwiegend frei von niveauvollen Lektürevorschlägen und wirbt für Bücher, die man beim Buchverkäufer katholische Kirche nicht vermuten würde. Masse ist nicht klasse, und nur mit Masse lässt sich bei Billigtiteln wirklich Geld verdienen.

Bei der Verlagsgruppe Droemer-Knaur, an der die Kirche mit 50 Prozent beteiligt ist, haben die deutschen Bischöfe neben Carel Halff, dem Geschäftsführer von Weltbild, einen eigenen katholischen Aufsichtsrat, den Kölner Bildungsdirektor Erwin Müller-Ruckwitt, entsandt. Hier betreibt man darüber hinaus auch einen der bekanntesten buddhistischen Verlage in Deutschland, den O.W. Barth-Verlag. Mit 30 Prozent ist Weltbild auch am Portal bücher.de beteiligt. Mit Titeln zu sadomasochistischen Praktiken und zur Anregung für homosexuelle Menschen geht hier plötzlich, was sonst die Kirche mit scharfen Attacken bekämpft. Wie bigott ist denn das? Kann man den Hals nicht voll genug kriegen?

Das zeigt sich beispielsweise in einer württembergischen Kleinstadt. Ein ortsansässiger katholischer Buchhändler kämpft hier seit Jahren um sein Überleben. Denn Weltbild hat ein Ladengeschäft in seiner Straße eröffnet. Er weiß durch den Fastenhirtenbrief seines Ortsbischofs, der zugleich Medienbischof ist, dass er sich zur Heiligung des Sonntags nicht am verkaufsoffenen Sonntag beteiligen soll. Er hält sich daran. Andere nicht. Der erste Laden, der aufmacht, und der letzte, der zumacht, ist das katholische Weltbild-Geschäft in seiner Straße. Es ist nicht bekannt, dass irgendeiner der Bischöfe Weltbild schon mal aufgefordert hätte, sonntags seine Buchläden geschlossen zu lassen oder auf die 24-Stunden-Bestellhotline zu verzichten.

Zählt, wenn es ums Geld geht, auch bei der Kirche nur das Geschäft? Der Advent, der vor der Tür steht, wäre der richtige Anlass für eine Umkehr. So wie es die Kirche ihren Gläubigen predigt.

Norbert Copray

Herausgeber des Newsletters der Zeitung "Publik-Forum" www.publik-forum.de







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Zuletzt geändert am 29­.11.2011