25.6.2012 - Süddeutsche Zeitung
Päpstlicher Kommunikator
Von Andrea Bachstein
Vatikanstadt – Vier Wochen ist es her, dass der untreue Kammerdiener des Papstes wegen Diebstahls von Dokumenten verhaftet wurde. Es war der spektakuläre Höhepunkt der Vatileaks-Affäre, die Machtkonflikte und Intrigen vor allem im Staatssekretariat des Kirchenstaats offenbarte. Nun hat Benedikt XVI. selbst eingriffen und am Samstag mit einigen Kardinälen beraten, wie mit dem Fall der vertraulichen Papiere, die an Medien lanciert wurden, umzugehen sei. Eine Konsequenz wurde schon zuvor beschlossen und ist ein Novum: Der Vatikan holt sich einen Laien als Kommunikationsberater, den konservativen US-Journalisten Greg Burke.
Zu den Chefs der Behörden der römischen Kurien, zu deren Treffen Benedikt am Samstag dazukam, gehört auch Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone. Er gilt als Auslöser der Konflikte, die in Vatileaks gipfelten. Die Gespräche haben Spekulationen über eine mögliche Ablösung Bertones im Dezember angeheizt. Vatikansprecher Padre Federico Lombardi sagte lediglich, es gehe darum, Gedanken und Vorschläge auszutauschen, die „das erwünschte Klima der Ruhe und des Vertrauens gegenüber der Arbeit der römischen Kurie wiederherstellen.“
Das Engagement von Greg Burke als Kommunikationsberater ist unterdessen eine Überraschung. Die bisherige Politik, nur spärliche Meldungen herauszugeben und diese dann oft auch noch spät, gilt dem Vatikan inzwischen offenbar als eine der Ursachen für den Ansehensverlust der Kirche, weil sie zu Misstrauen und Missverständnissen führt. Dafür verantwortlich gemacht wird aber nicht Papstsprecher Lombardi, sondern Staatssekretär Bertone, der Informationen nicht richtig einschätzte oder nicht weiterleitete.
Der 52-jährige Burke ist jedenfalls Informationsprofi. Seit mehr als 20 Jahren berichtet er aus Rom und ist ein versierter Vatikanspezialist. Ein Jahrzehnt lang hat er für das renommierte Time Magazine gearbeitet und zuletzt für den rechtskonservativen US-Sender Fox News. Burke sagte der Süddeutschen Zeitung am Sonntag, er sei so nervös und aufgeregt wie er es 2006 war, als er über den Krieg aus dem Libanon berichtete. Seine Arbeit werde sich mehr hinter den Kulissen abspielen. Er werde zwar mit der Presse reden können, aber Lombardi bleibe der Sprecher des Papstes. Burke bekommt ein Büro im Staatssekretariat, nicht im vatikanischen Presseamt, dessen Chef Lombardi ist.
Burke vergleicht den neu geschaffenen Posten mit dem des Kommunikationsdirektors im Weißen Haus, „von dem die meisten Leute gar nicht wissen, wer er ist“. Anfang Juni, als Vatileaks die Schlagzeilen bestimmte, habe er das Angebot erstmals bekommen, erzählt Burke – und erst zweimal abgelehnt. Es sei ein „strategischer Job“: Er soll im Staatssekretariat helfen, Mitteilungen zu formulieren und auf dem Laufenden zu halten. Burke macht kein Geheimnis daraus, dass er seit seiner College-Zeit Mitglied der konservativen Organisation Opus Dei ist – wie einst der Sprecher von Papst Johannes Paul II. oder der kürzlich geschasste Chef der Vatikanbank.
Die spärliche Informationspolitik gilt dem Vatikan als Ursache für den Ansehensverlust.
Zuletzt geändert am 26.06.2012