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Veröffentlicht am 12­.05.2013

12. oder 19. Mai 2013 - Ja - die neue Kirchenzeitung

Konflikte um US-Nonnen: Ordens-Präfekt war nicht informiert

Österreicherin referierte in Rom über „Gehorsam“

Sieben Wochen nach der Wahl von Papst Franziskus, dem ersten Ordensmann auf dem Stuhl Petri seit 150 Jahren, fand in Rom die erste große Zusammenkunft von leitenden Ordensleuten statt. 800 Generaloberinnen aus 76 Ländern, die 700.000 katholische Ordensfrauen repräsentieren, hielten dort bis 7. Mai die 19. Vollversammlung ihrer Union (UISG) ab. Papst Franziskus empfing sie tags darauf, darunter acht Österreicherinnen. Eine von ihnen, Sr. Martha Zechmeister, hatte bei der Tagung, wie internationale Medien im Gegensatz zu deutschsprachigen groß berichteten, ein brisantes Hauptreferat gehalten.

Für Aufsehen sorgte dabei allerdings vor allem die Kritik von Kardinal Joao Braz de Aviz, dem Präfekten der Ordenskongregation, am vatikanischen Umgang mit dem Dachverband der US-amerikanischen Ordensoberinnen. Er beklagte sich am 5. Mai vor den Ordensoberinnen darüber, dass das vatikanische Vorgehen im Fall des unbotmäßigen Dachverbands „Leadership Conference of Women Religious (LCWR), dem seitens des Vatikans „theologische Mängel“ vorgeworfen wurden, nicht mit ihm abgestimmt worden sei.

Das wurde umgehend als Kritik an der Glaubenskongregation gedeutet, die nach einem langjährigen Dialogprozess eine Reform des LCWR angeordnet hatte und ihn im vergangenen Jahr unter die kommissarische Leitung des Erzbischofs von Seattle, James Peter Sartain, gestellt hatte. Eine Untersuchung hatte Abweichungen des LCWR von der kirchlichen Lehre beanstandet, etwa in der Haltung zu Abtreibung, Sterbehilfe und zu einer Priesterweihe für Frauen.

Vatikan dementiert Zwist der Kongregationen Die Sache wirbelte so viel Staub auf, dass der Vatikan sich zwei Tage später zu einer Klarstellung veranlasst gezwungen sah: Es gebe keine internen Meinungsverschiedenheiten über den Umgang mit dem LCWR. Der Präfekt der Glaubenskongregation, der deutsche Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, und der Präfekt der Ordenskongregation, der brasilianische Kardinal Aviz, arbeiteten in der Angelegenheit eng zusammen, hieß es in einer Erklärung. Die zitierten Aussagen des Kardinals selbst freilich stellte der Vatikan nicht in Abrede.

„Bei euch soll es nicht so sein“

Das eigentliche Oberthema der fünftägigen Vollversammlung wurde weniger wahrgenommen: „Bei euch soll es nicht so sein. Leitungsdienst im Lichte des Evangeliums“. Ein Thema, das ebenfalls Sprengkraft in sich birgt. Das Selbstverständnis von Ordensfrauen müsse sich ändern, forderte etwa Schwester Josune Arregui, die Generalsekretärin der UISG. Es sei klar, dass Frauen erkannt hätten, dass sie die gleiche Würde wie Männer besitzen und über gleiche, bisweilen sogar bessere Voraussetzungen verfügten als diese. Mitunter seien die Schwestern „zu Rollen mit größerer Verantwortung berufen“, sagte die aus Spanien stammende Karmelitin Arregui am Rande der Vollversammlung.

Österreicherin referierte über den Gehorsam Das US-Magazin „National Catholic Reporter“ berichtete ausführlich über Sr. Martha Zechmeisters Referat. Darin hatte sie am letzten Tag der Tagung betont, dass nur Gott allein „letzter Gehorsam“ gebühre. Sein Wille könne in den Armen gefunden werden. Wer Gott gehorche, sei „wirklich frei, in Jesu Spuren zu wandeln“ und eine „Bedrohung der Mächtigen“. Autoritäre Systeme würden aufrechterhalten von „Unterdrückten, die Sehnsucht nach Macht haben“. Dezidiert warnte sie vor einer „Europazentriertheit“ der Kirche.

Das deutsche konservative Magazin Katholisches reagierte prompt: Zechmeister habe das „rote Tuch der Rebellion geschwungen“ und „jede Autorität der Kirche geleugnet.“

Papst dankt Ordensoberinnen

Papst Franziskus dankte den Ordensoberinnen für den „oft nicht einfachen“ Dienst der Orden, ohne dem „Mutterschaft, Zuneigung und Zärtlichkeit“ fehlen würde. Besondere Bedeutung hätten hier die drei „evangelischen Räte“ der Orden: Gehorsam sei ein „Hören auf den Willen Gottes“ und Armut der „Unterricht in Solidarität, im Teilen und in der Nächstenliebe“, in dem man Nüchternheit und Freude über die wesentlichen Dinge entwickle, so Franziskus. Die Keuschheit wiederum „erweitert die Freiheit der Hingabe an Gott und an die Nächsten“.

Jeglichem Karrieredenken erteilte Franziskus in seiner Ansprache eine klare Absage: Autorität müsse in der Kirche und auch den Orden stets als Dienst ausgeübt werden, während Karrieristen das Volk Gottes bloß als Sprungbrett für eigene Interessen und persönliche Ambitionen missbrauchen und somit Schaden anrichten würden, so Franziskus.

„Kirchlichkeit“ als weiteres Grundelement des Ordenslebens brauche ständige Vertiefung, forderte der Papst. „Es ist nicht möglich, dass eine Ordensfrau oder ein Ordensmann nicht mit der Kirche fühlt.“

Ihren Ausdruck finde Kirchlichkeit laut Franziskus in „Treue zum Lehramt“ und in Gemeinschaft mit den Bischöfen und dem Papst als Zeichen der Einheit der Kirche.

Dialog abseits der Öffentlichkeit

Die Präsidentin des Dachverbandes LCWR, Sr. Florence Deacon, will unterdessen über den Vorwurf „theologischer Mängel“ ein beharrliches Gespräch mit Rom abseits der Medienöffentlichkeit führen.

Das letzte entscheidende Gespräch hatte hinter verschlossenen Türen am 6. Mai in Rom stattgefunden, in Anwesenheit von Ordenspräfekt Kardinal Aviz und Glaubenspräfekt Erzbischof Müller. Deacon gab danach keine Details preis. In ihrem Bericht über die „schwierige Lage“ der Schwestern in den USA sprach sie von Missverständnissen im Vatikan und der Notwendigkeit des weiteren Dialogs. Die Ordensfrauen vertrauten auf die Aussage von Papst Franziskus, dass er „eine Reise der Brüderlichkeit, der Liebe und des Vertrauens“ beginnen wolle.

http://www.ja-kirchenzeitung.at/20/info.html#link1

Zuletzt geändert am 13­.05.2013