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Veröffentlicht am 25­.03.2009

Rettet das Konzil

Pius-Brüder, Opus Dei und die Rückkehr des Integralismus
Zusammenfassung des Vortrages von Peter Hertel im Rahmen der 15. Diözesanversammlung am 21. März 2009 in Augsburg.

Der Integralismus entwirft seit über 100 Jahren einen Katholizismus, der sowohl die religiöse als auch jede weltliche Tätigkeit der katholischen Gläubigen ausschließlich von kirchlichen Grundsätzen bestimmen will. Damit wird eine Allzuständigkeit der Kirche für sämtliche Bereiche der Gesellschaft (Kunst, Politik, Wissenschaft, Parteien) angestrebt. Die Umsetzung dieser Ideenkette führt in einen katholischen Gottesstaat, der Andersdenkende und Andersgläubige ausgrenzt - vergleichbar dem der Mullahs - eine Gefahr für unsere offene Gesellschaft. Ähnliche Bestrebungen zur "christlichen Taufe gesellschaftlicher Institutionen" wurden bereits im Mittelalter verfolgt und sind gescheitert.

Der vom Opus Dei und der Pius-Bruderschaft verfolgte Integralismus zielt auf die Reinerhaltung der Lehre. Beide Organisationen verstehen sich als Retter der Kirche vor dem inneren Verfall. Sie beanspruchen für sich den alleinigen Wahrheitsbesitz und die exklusive Erwählung durch Gott. Der römische Integralismus ist vergleichbar mit dem protestantischen Fundamentalismus.

Sowohl Opus Dei wie auch die Pius-Bruderschaft bedienen sich bei der Umsetzung ihrer Ziele militanter Sprachstile und Methoden: Feindbilder, Schlacht, Kampf, Verteidigungswall gegen die böse Welt, Geheimhaltung, Bespitzelung, autoritärer Gehorsam, Fanatismus, Zensur. Geißel und Bußgürtel - früher in Mönchsorden üblich - sind bei Opus Dei in Gebrauch, zur Seelenrettung ist "Heiliger Zwang" erlaubt. Nach einem Schweizer Gerichtsurteil darf das Opus Dei als Geheimorganisation bezeichnet werden.

Die umstrittene Selig- und Heiligsprechung (1992 bzw. 2002) von Opus Dei-Gründer Jose Maria Escriva de Balaguer wertete die Organisation beträchtlich auf und entzog sie der innerkirchlichen Kritik. Die Mitglieder des Opus Dei gehören überwiegend der intellektuellen und finanziellen Oberschicht an. Nach Hertel seien bei der Wahl von Papst Benedikt XVI. unter den Kardinälen im Konklave drei ausgewiesene Mitglieder von Opus Dei und rund 50 Freunde des "Werkes" gewesen.

Opus Dei und Pius-Bruderschaft lehnen die Neuerungen des II. Vatikanischen Konzils ab: Religions- und Gewissensfreiheit ebenso wie Ökumene, Aufwertung der Laien, Kollegialität der Bischöfe, Dialog innerhalb der Kirche und Hinwendung zu den Weltreligionen. Ökumenische Gottesdienste sind verpönt, Antisemitismus offen bekundet. Massiv bekämpft werden das vom Konzil vertretene Selbstverständnis der Kirche als pilgerndes Gottesvolk und die Leitlinie von einer sich ständig zu erneuernden Kirche. Deutlich sichtbar wird dies durch die Angriffe auf die Liturgiereform des Konzils.

Die Wiederaufnahme der Pius-Bruderschaft in die katholische Kirche markiert einen Wendepunkt. Erstmals werden erklärte Gegner des 2. Vatikanischen Konzils in der Kirche amtlich hoffähig. Mit der Rehabilitation der Lefebvre-Bischöfe kehren überwunden geglaubte Gedankenwelten in die Kirche zurück. Nachdem die Pius-Bruderschaft die Wiederzulassung der Tridentinischen Messe und die Rücknahme der Exkommunikation der vier unerlaubt geweihten Bischöfe erreicht hat, fordert sie nun eine angemessene rechtliche Struktur innerhalb der Kirche ein. Es ist ein einmaliger Vorgang, dass ein Papst den Forderungen von Schismatikern bedingungslos entgegenkommt. Dagegen ist Widerspruch angebracht, wie Peter Hertel am Schluss seiner Rede ausführte.

Er resümiert, dass wir alle Kirche sind, nicht nur der Papst und die Bischöfe, die das Bild der Kirche in der Öffentlichkeit prägen. "Ich leiste meinen Teil als katholischer Theologe, ich analysiere und kläre auf, so gut ich kann. Dabei nehme ich es hin, dass ich mit Kirchenführern in Konflikt gerate. Eine Kirche, die der Wahrheit dienen will, muss selber offen und licht sein!"
(ty)

Zuletzt geändert am 06­.04.2009