Zehn Jahre Kirchenvolksbegehren - Was hat es gebracht?
Was hat sich in der Kirche verändert?
Man muss klar sagen, im Grunde (noch) nichts. Die Verunsicherung unserer Kirchenleitungen ist so groß, dass sie zu Reformen nicht mehr in der Lage sind. Mit bürokratischen und disziplinären Maßnahmen versucht man dringenden Fragen auszuweichen. Mit Rückzugsstrategien entfernt man sich von den Problemen der Gesellschaft und der Menschen weg. Verkündigung und Frohbotschaft fallen aus. Es geht nur noch um Festigung und Ausbau fest gefügter Strukturen. Das Beharren ist aber nicht ein Zeichen von Stärke sondern von innerer Schwäche. Beispiele dafür erlebten wir in unserer jüngsten Geschichte zuhauf. Wer von den Kirchenvolksbegehrern aktionistisch eingestellt ist findet diese Lage deprimierend und nicht wenige von unseren Mitstreitern haben aufgegeben – leider.
Kirche in der Gesellschaft
Die Aufgabe aus dem Zweiten Vatikanischen Konzil sich den Fragen der Zeit und den Erkenntnissen der Wissenschaft zu stellen fällt unseren Kirchenleitungen zunehmend schwerer, vor allem im Bereich der Anthropologie. Zum Widerspruch zwischen Evangelium und Glaubensgrundsätzen auf der einen Seite und kirchlichen Anordnungen auf der anderen kommen noch die Widersprüche zu neuen Erkenntnissen der Anthropologie. Die Widersprüche werden von den Kirchenleitungen entweder nicht wahrgenommen oder einfach ignoriert. Wenn man die Themen kirchlicher Bildungseinrichtungen untersucht, so sieht man eine Flucht in Ästhetik, Folklore, Historie und Schöngeisterei. Einfach absurd sind zum Beispiel die Anstrengungen des Regensburger Bischofs jetzt die Theresia von Konnersreuth selig zu sprechen. Er meint allen Ernstes, hiermit den Glauben der Menschen unserer Zeit zu fördern.
Uns fehlt die Jugend
Die Hauptaktivisten des Kirchenvolksbegehrens sind Leute, die das Konzil und die folgenden Neuansätze in unserer Kirche mit Begeisterung aufgenommen haben und weiterhin für unsere Kirche für absolut notwendig halten. Dazu kamen aber viele Jüngere, die aus Gemeinden kommen in denen der Aufbruchsgeist des Konzils zum Tragen kam oder immer noch wirkt. Viele Jüngere sind dann weggeblieben als wir uns nach der Unterschriftenaktion organisierten. Ich habe kein Problem mit der Vorstellung dass unsere Kirchenvolksbewegung eines Tages selig entschläft und in der Kirchengeschichte als Beweis dafür gilt, dass die Kirche um die Jahrtausendwende sich nicht nur auf dem Rückzug befunden hat. Ich rechne aber auch stark mit der Möglichkeit dass neue Reformbestrebungen entstehen und wir dann mit dabei sind. Jüngere Generationen suchen sich erfahrungsgemäß immer eigene Formen. Die Zeichen der Zeit kann man nur erkennen, wenn man die Augen aufmacht.
Zeugnis geben und den eigenen Glauben stärken
Mit unserem Engagement, uns für die menschenfreundliche Kirche des Zweiten Vatikanischen Konzils einzusetzen, setzen wir uns ja nicht nur für irgendeine äußere Kirchenreform ein sondern demonstrieren auch unseren Glauben an einen menschenfreundlichen Gott. Dies ist nicht nur für die Kirche von Bedeutung sondern auch für die Gesellschaft. Sie braucht Beispiele dafür, dass Religion nicht in fundamentalistischen Mauern verharren muss, sondern selbstkritisch und reformierbar sein kann.
Wolfgang Peter
Zuletzt geändert am 07.03.2007