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Veröffentlicht am 25­.06.2008

Altes wiederholen?

Es seufzen ...

Es seufzen manche Kölsch-Katholen,
man sollt' das Alte wieder holen!

Wie war in Köln doch ehedem
Katholischsein so angenehm!
Denn: war man fromm, man pflegte sich
und wusste: nichts bewegte sich;
und wenn, dann nur im a l t e n Gleise,
wie’s richtig fanden weise Greise:
die planten und mahnten,
entschieden und mieden,
benedeiten und weihten,
exorzierten und führten
und purifizierten,
besuchten, verbuchten, was fromme Seelen drückten ab
und was dann stets ein hübsches Sümmchen gab.

Die Frauen durften - laut - nur beten
und - den Altarraum nicht betreten. -
Dass uns nichts Unreines begegnet,
wurd’ jede Mutter „ausgesegnet“. -
Kein Priester kam allein zurecht;
Haushälterinnen waren echt! -
Zur Kommunion, da galt par-tout
die Regel:“Mund auf, Augen zu!“

Doch wenn es hieß „Roma locuta“,
und war die „causa“ auch acuta,
so war sie doch damit „finita“,
und fort ging, wie gewohnt, die vita.
Und als Prinzip ward allen kund:
„Die Ohren auf und zu den Mund!“

Das galt auch sonst bei vielen Sachen,
die Sorgen uns – und Freude(!) -machen:
Ob man am Sonntag fuhr ins Heu,
ob freitags Fleisch b r ü h ’(!) möglich sei,
ob in der Kirche links und rechts
die Gläub’gen wegen des Geschlechts
getrennt zu sitzen gar verpflichtet,
wie Ablass man auf Ablass schichtet,
ab welcher Uhrzeit feste Nahrung,
das Trinken auch zur Heils-Bewahrung
selbst Wasser! – zu vermeiden schon
mit Rücksicht auf die Kommunion;
sogar im Bett: ob „Pflicht“(?), ob „Spaß“(?):
die Mutter Kirche regelt das!
Nur bei der Beichte galt der Brauch:

„Den Mund auf und die Ohren auch!“

Das Teppichklopfen am Karfreitag
war vielen inn’rer Reichsparteitag. -
Fronleichnam dann, ihr ahnt es schon,
da zog die fromme Prozession,
die „Engelchen“ zu Zwei und Zwei,
an Protestantens Kirch’ vorbei
und tönte extra laut herum:
„W i r sind im w a h r e n Christentum!“
Das tat ihnen gut,
wie’s jedermann tut:
Sie zogen die Bahnen
und schwenkten die Fahnen,
sie schmückten
und nickten
und knieten und schwiegen
und füllten die Wiegen.
Wohl fühlt behütet sich ein jeder
so unter Kanzel und Katheder:
mit Weisung waren stets parat
die Mutter Kirche und der Vater Staat.

Ein Thron, der „Heil’ge Stuhl“ genannt,
war nach Papst Pius XII vakant.
Eh man’s gedacht,
saß über Nacht
Johannes XXIII drauf
und stieß die Kirchenfenster auf.
Das tat er heftig und ganz weit:
vorüber die Gemütlichkeit!
Er rief den Geist – welch starkes Stück! –
glatt aus der Pension zurück.
Der braust’ heran wie nie, seitdem
er brauste in Jerusalem,
und ist sogleich hineingefahren
in Weihrauch von 2000 Jahren.
Er wehte nicht nur, nein: er pfiff,
was mancher mühsam nur begriff,
seufzt’ als Betroffener betroffen:
„So schrill hat ER noch nie gepfoffen!“

Erst krempelt er die Messe um,
bis da lateinisch, oftmals stumm;
nun wird sie laut in Deutsch gehalten,
kommuniziert in zwei Gestalten,
das Ganze mit dem Volk en face –
für ält’re Priester gar kein Spaß –
und noch dazu in größ’rer Nähe

und nahezu auf Augenhöhe!
Man fragt sich mit verstörtem Sinn:
„Wo ist die alte Ehrfurcht hin?
Kriegt jeder doch in diesem Land
den lieben Heiland auf die Hand!“

Apropos „Hand“: zum Friedensgruß
man sich die Hände reichen muss
zum Zeichen, dass man sich versöhnt,
wenn auch den Nachbarn man nicht kennt. -
Wem’s besser passt, der halt verricht’t
schon samstags seine Sonntagspflicht! -

Wer früher brav zur Beichte kam,
die Buße mit nach Hause nahm,
dass er im stillen Kämmerlein
mit seinem Herrgott sei allein,
der war von nun an angewiesen
nur auf sein eigenes Gewissen.
Er beichtet’ fortan in der Masse;
die Schwerenöter fanden’s Klasse.
(Doch stehen – wie ich öfter hör’ –
die Beichtstühle darum nicht leer:
drin finden – nur so zum Exempel –
sich Staubsauger und andrer Krempel.)
Die Sünder büßten noch im Chor,
da drang aus Rom schon wieder Neues vor:

Den Nonnen wurde beigebracht:
„Vorbei ist’s mit der alten Tracht!
Vor allem diese Riesenhauben,
die müssen mal zuerst dran glauben!“
Habit reduziert,
wo’s geht, wird frisiert,
passé ´s Renommee,
gefühlt: „D-e-k-o-l-l-e-t-é !“
Was früher sorgsam sie versteckt,
ward jetzt, brutal entbunden, aufgedeckt.

Wie die Soldaten ihre Fahne
trug einst der Priester die Soutane.
Des Leibes Fülle sie umspannte:
von fern man so ihn schon erkannte.-
Vom Hals hinab bis zu den Füßen
gleich dreiunddreißigfach zu schließen
dies Zeichen der Hochwürdigkeit,
hat nur noch Opus Dei Zeit. –

Man werde nicht sentimental:
die Börsenkurve „Priesterzahl“
bekam die erste schwere Delle
mit jener Laisierungswelle;
denn nicht nur in Maria Laach
holt selbst ein Abt die Ehe nach.

Die Folgen dieses Klimawandels
schienen Ergebnis eines Handels.
Man spürte sie nur wenig später:
aus Helfern wurden bald schon Täter:
sie lektorieren und animieren,
sie trösten und laben
und spenden die Gaben,
sie richten die Tücher,
sortieren die Bücher;
heut’ Frauen, was man häufig find’t,
die Einz’gen im Altarraum sind! -
Den Priesterdienst versehen Laien,
weil Priester ´s Management betreuen.
(S o sind auf a l l e n Posten L a i e n !)
Und Kirche kommt, sieht man sich um,
vom Klimawandel stracks ins Klimakterium. –

O weh, nun ist das Alte fort,
aus Ehrenamt wird Profi-Sport;
man kann nicht mehr wie früher ruh’n,
man muss nun alles selber tun.
Ein jeder muss fein
selbständig sein:
muss wählen und zählen
muss planen und mahnen,
besuchen und buchen,
zum Pfarrbüro eilen,
Termine verteilen,
zur Messe einführen,
das Volk motivieren,
beraten die Paten,
in Riten einweisen,
Synoden umkreisen. -

Ach, dass es noch wie damals wär’!
Doch kommt die schöne Zeit
NIE WIEDER HER!

Zuletzt geändert am 25­.06.2008