Kardinal Woelki und Missbrauchsstudie Köln
Günther M. Doliwa: Irgendwie thematisiert
Irgendwie sei der Unmut ja verständlich. Irgendwie habe leider anscheinend auch er dazu beigetragen, dass so viele Treugläubige der Kirche auf einmal den Rücken kehren. Die Vorwürfe gegen ihn seien massiv gewesen. Das Ausmaß der Vernebelung, besonders durch seinen Vorgänger – Gott hab ihn selig! - habe ihn dann doch entsetzt. Irgendwie sei es ein System von Schweigen, Geheimhaltung und chaotischer Kontrolle gewesen. (Dieses Es würde man gerne einmal näher kennenlernen.) Irgendwie hätten die rechtlichen Instrumente nicht funktioniert. Irgendwie sei vertuscht, vernebelt, ja verklärt worden. Es seien Pflichten verletzt worden, es sei bemäntelt, verharmlost, bagatellisiert worden. Irgendwie seien die Opfer aus dem Blick geraten. Irgendwie seien Brüder im Nebel gestanden. Gewiss sei irgendwie sogar Christus missbraucht worden, Täter rein zu waschen. Irgendwie sei zu viel Tünche benutzt worden, die Kirche rein zu weißeln. Irgendwie könne man aber nichts ungeschehen machen. Irgendwie verstünde man ja, dass Austritte Misstrauenserklärungen seien. Deshalb habe er öffentlich Fehler eingestanden, versprochen, künftig fälschungssicherer zu arbeiten. Er habe in seiner Verantwortung auch drastische Konsequenzen gezogen, ziehen müssen, indem er Verantwortliche suspendiert habe. Irgendwie habe er reinen Tisch und klar Schiff gemacht. Es habe sich gezeigt, dass verdunkelt wurde. Jetzt aber komme Licht in das schreckliche Dunkel.
Er habe nicht gesagt, er habe vollständig keine Ahnung gehabt.
Gewiss sei er nachweislich jahrelang der Privatsekretär seines verstorbenen Amtsvorgängers Meisners gewesen. Gewiss habe er dessen Post geöffnet. Irgendwie habe er von Personalproblemen gehört. Gewiss seien damals Fälle aufgetaucht. Irgendwie seien dereinst Vorfälle sexuellen Missbrauchs thematisiert worden. Irgendwie habe man gemeint, man müsse etwas dagegen unternehmen. Und irgendwie hätten auch Konsequenzen wie Versetzungen in der Luft gelegen. Irgendwie sei das Thema seit Irland ja virulent gewesen. Später wäre unvermeidlich eine Studie fällig gewesen. Aber irgendwie fehlte dem Recht das Bewusstsein, mit der Tat trete die Exkommunikation ein. Das gehe an Rom.
Aber was ihn nun selber betreffe, der er ja im Sturm der Entrüstung gestanden habe, könne er laut des erbrachten Rechtsgutachtens sagen: Er sei raus aus dem juristischen Verdacht. Ihm könne keiner nachsagen, er hätte nicht schonungslos aufgeklärt - irgendwie… Er selbst habe nach bestem Wissen und Gewissen im Sinne der Aufklärung gehandelt. Irgendwie sei ihm das erste Gutachten nicht rechtssicher vorgekommen. Da sei er schwer angegriffen worden, auch von Mitbrüdern im Amt. Irgendwie wolle er niemandem Böses unterstellen. Irgendwie sehe er den immensen Vertrauensverlust, der da angerichtet worden sei. Irgendwie sei halt vieles unsäglich schiefgelaufen. Irgendwie seien seine Gewissheiten schwer erschüttert gewesen, aber nur kurz. Dann habe er von Amts wegen gehandelt, handeln müssen, ohne Rücksicht auf die Person. Irgendwie wolle man auch ihm nicht den guten Willen absprechen. Irgendwie gelte auch für ihn die Unschuldsvermutung. Juristisch sei er ja, wie sich herausstelle, unbelastet. Irgendwie müsse man den Karren aus dem Kölner Dreck ziehen. Irgendwie dürfe man auch auf höheren Beistand hoffen. Das müsse nicht unbedingt Rom meinen…
Irgendwo, ja, habe er moralische Verantwortung, selbstverständlich. Doch irgendwie wäre ein Rücktritt nur so ein Symbol… Einfach zu gehen, sei ihm zu einfach. Irgendwie räumt er sich den Vortritt vor dem Rücktritt ein. Irgendwie müsse er sich jetzt auch zurückziehen dürfen aus der Verantwortung, nach all dem Stress mit der Aufklärung… (Da muss er selber lachen)
Übrigens, irgendwie seien auch Anerkennungszahlungen für menschliches Leid geflossen. Irgendwie wolle man auch mit dem Eckigen Tisch reden. Man wolle ja auch irgendwie hören auf die Betroffenen. Empathie sei ja irgendwie eine Kerntugend der Kirche.
Günther M. Doliwa, 24.März 2021
Zuletzt geändert am 18.11.2021