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Veröffentlicht am 25­.09.2007

25.9.2007 - FR-online.de

Missbrauch: Bischof Müller muss beichten

VON WOLFGANG WAGNER

Ein Fall von Kindesmissbrauch durch einen Priester setzt die katholische Kirche und vor allem den zuständigen Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller unter Druck. Die parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungsministerium, Karin Kortmann (SPD), forderte den Bischof zum Rücktritt auf. Dieser habe seine Pflichten "grob vernachlässigt" und müsse nun die Konsequenzen ziehen, sagte Kortmann, die auch dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken angehört, der Frankfurter Rundschau.

Das Bistum Regensburg hatte einen Priester trotz einer Vorstrafe wegen Kindesmissbrauchs erneut in einer Gemeinde eingesetzt. Dort soll sich der inzwischen verhaftete Mann an einem Ministranten vergangen haben. Müller hatte am Freitag jede Schuld von sich gewiesen: "Die Verantwortung für die Tat trägt der Täter." Am Montag kündigte er an, künftig Priester, deren pädophile Veranlagung erwiesen sei, aus dem Klerus seines Bistums auszuschließen.

Kortmann sagte, Müller sei "offensichtlich handlungsunfähig", mit dem Hinweis auf die "Fehlbarkeit" der Menschen relativiere er die Tat. Er habe den Schutz des Priesters über den der Kinder gestellt. Die SPD-Politikerin forderte auch ein klares Wort des Bischofskonferenz-Vorsitzenden Kardinal Karl Lehmann. Wer das "Deckmäntelchen des Schweigens" über den Vorfall legen wolle, mache sich der "Mittäterschaft schuldig".

Lehmann äußert sich indirekt. Er verwies auf die Kirchen-Leitlinien zum Vorgehen bei Missbrauchsfällen. Dort heißt es, die Geistlichen dürften nicht dort eingesetzt werden, wo sie mit Minderjährigen Kontakt haben. Das aber hatte das Bistum getan. Lehmann sagte die Vorgaben hätten sich bewährt, wenn man sich an sie halte.

Zuvor hatte erstmals ein Bischof, Heinz Josef Algermissen aus Fulda, Kritik geäußert. Im Bayerischen Rundfunk sagte er, der Pfarrer hätte nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen. Er erwarte, dass sich die seit Montag in Fulda tagenden Bischöfe mit dem Thema befassten, das fordere "die Öffentlichkeit der letzten Tage."

Die Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" verlangte vom Vatikan, den Bischof zu entmachten. Ihm sollte ein "Koadjutor" zur Seite gestellt werden, erklärte Sprecherin Sigrid Grabmeier. Müller sei "noch nie" in der Lage gewesen, "sein Amt vernünftig auszufüllen", sagte sie. Ein Koadjutor wird eingesetzt, wenn der Vatikan dem Bischof nicht mehr zutraut, sein Bistum alleine zu leiten.

Müller hatte schon für mehrere Skandal gesorgt. So hatte er gewählte Laiengremien entmachtet und durch von ihm zu bestimmende Berater ersetzt.

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Dieser Bischof ist untragbar


KOMMENTAR VON WOLFGANG WAGNER

Wie viel müssen katholische Christen in einem Bistum ertragen, bevor sie von ihrem Bischof befreit werden? Der Regensburger Oberhirte Gerhard Müller ist schon seit Jahren eine Last für viele seiner Schäfchen. Unliebsame Kritiker hat er rausgeworfen, das bisschen Mitbestimmung, das die Laien in einem Bistum haben, abgeschafft. Einmal wollte er seinen Angestellten gar verbieten, bei Streitigkeiten vor weltliche Gerichte zu ziehen. Jede Kritik an sich und seinem Verhalten hält der Bischof für eine Kampagne gegen die katholische Kirche als Ganze.

Die Art, wie er nun mit dem Missbrauchsfall in seiner Diözese umgeht, zeigt vor allem eines: Der Bischof ist überfordert. In dieser schweren Krise seiner Kirche verhält er sich wieder so, als handele es sich um einen üblen Angriff von Feinden. Statt einzuhalten, Schuld einzugestehen und die Verbrechensopfer um Verzeihung zu bitten, verteidigt er sich mit Sätzen wie: "Die Verantwortung der Tat trägt der Täter." Da bleibt einem vor Entsetzen die Luft weg. Wenn Müller noch etwas Verantwortungsgefühl hat, sollte er sein Amt abgeben.

Zuletzt geändert am 25­.09.2007