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Veröffentlicht am 15­.01.2008

15.1.2008 - Schweriner Volkszeitung

Bischöfe suchen Nachfolger für Kardinal Lehmann

Bonn (dpa) - Nach dem angekündigten Rückzug von Kardinal Karl Lehmann von der Spitze der Deutschen Bischofskonferenz hat bereits die Diskussion um die Nachfolge begonnen.

Der Vize-Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff (67), schloss aus, für das Amt des Vorsitzenden zu kandidieren, wie ein Bistumssprecher der «Thüringer Allgemeinen» (Mittwoch) sagte. Die Bischofskonferenz hatte zuvor am Dienstag den vorzeitigen Rücktritt Lehmanns nach rund 20 Jahren Amtszeit bekanntgegeben. Der 71-Jährige erklärte sein Ausscheiden zum 18. Februar mit gesundheitlichen Gründen und auch einem notwendigen Generationenwechsel. Der Nachfolger soll im Februar gewählt werden.

Lehmanns langjähriges Wirken und insbesondere sein Einsatz für den gesellschaftlichen Dialog und das Miteinander der Religionen wurde von allen Seiten betont positiv gewürdigt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bedauerte den Rücktritt. «Kardinal Lehmann genießt weit über die Grenzen der Katholischen Kirche hinaus hohes Ansehen», sagte Merkel nach einem Telefongespräch mit Lehmann. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, mit ihm gehe eine Ära zu Ende. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und SPD-Vorsitzende Kurt Beck erklärte, Lehmann habe die katholische Kirche bundesweit und international herausragend repräsentiert.

Die vierte sechsjährige Amtszeit Lehmanns wäre erst 2011 abgelaufen. Er wird noch die Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz vom 11. bis 14. Februar in Würzburg leiten. Sie soll auch den neuen Vorsitzenden wählen. Sein Amt als Bischof in Mainz wird Lehmann weiter ausüben; er möchte sich künftig noch stärker Grundsatzfragen wie der Ökumene widmen.

Er habe Ende vergangenen Jahres eine «lebensbedrohliche Krankheit» gehabt, schrieb Lehmann in einem Brief an die Bischöfe. Mit den Herz-Rhythmus-Störungen sei «eine eindeutige Zäsur» erreicht, die ihm «in Zukunft nicht mehr diese oft rücksichtslose Ausschöpfung» seiner Kräfte erlaube. Lehmann verwies auch auf den zunehmenden Termindruck: «Die Anforderungen der Öffentlichkeit bzw. der Medien, persönlicher Gespräche und auch der schriftlichen Korrespondenz wurden stets größer.» Deshalb mache er nun von der bereits im September 2005 bei seiner Wiederwahl angekündigten Möglichkeit Gebrauch, die Amtszeit als oberster Repräsentant von 26 Millionen Katholiken nicht voll auszuschöpfen.

Im Namen der deutschen Bischöfe dankte Mussinghoff Lehmann für seinen «unermüdlichen Einsatz». Der Kölner Erzbischof Kardinal Joachim Meisner, der in der Bischofskonferenz als konservativer Gegenpol zu Lehmann galt, erklärte, dass es ihm inmitten großer Umwälzungen gelungen sei, mit den gesellschaftlichen Partnern im Gespräch zu bleiben. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Hans Joachim Meyer, würdigte Lehmanns «Grundsatzfestigkeit, seinen Realitätssinn und seine Bereitschaft zum Zuhören».

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, hob Lehmanns Eintreten für die Ökumene hervor. Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, erklärte, über die jahrelange vertrauensvolle Zusammenarbeit seien tiefe menschliche Bindungen entstanden, «die sich auch in politisch schwierigen Zeiten als tragfähig und belastbar erwiesen haben».

Lehmann war im September 1987 in Fulda als Nachfolger von Joseph Kardinal Höffner (Köln) zum Vorsitzenden der Bischofskonferenz gewählt worden. Der promovierte Theologe wurde 1993, 1999 und 2005 wiedergewählt. Lehmann wurde 1983 zum Mainzer Bischof und im Januar 2001 von Papst Johannes Paul II. zum Kardinal ernannt.

Als möglicher Nachfolger ist der frisch ernannte Münchner Erzbischof Reinhard Marx (54) im Gespräch. Seine Wahl würde einem Generationenwechsel entsprechen. Allerdings halten Kirchenkenner auch eine Übergangslösung mit einem schon älteren Bischof für nur eine Amtszeit von sechs Jahren für denkbar. Aus Sicht der Reformbewegung «Wir sind Kirche» darf ein Vorsitzender der Bischofskonferenz keinesfalls polarisieren wie etwa der Kölner Kardinal Joachim Meisner (74) oder der Augsburger Bischof Walter Mixa (66). In Kirchenkreisen sind in der Nachfolge-Debatte auch die Namen des Freiburger Erzbischofs, Robert Zollitsch (69), und des Erzbischofs von Hamburg, Werner Thissen (69), zu hören.

Mussinghoff gehe davon aus, dass in Würzburg das gesamte Team neu gewählt wird, sagte der Bistumssprecher weiter. Dazu gehörten neben dem Vorsitzenden und seinem Stellvertreter auch der Sekretär der Bischofskonferenz.

Zuletzt geändert am 15­.01.2008