15.1.2008 - ddp
«Ein Segen für unser ganzes Land»
Der angekündigte Rücktritt des Mainzer Kardinals Karl Lehmann vom Vorsitz der Deutschen Bischofskonferenz hat in der Politik und bei den Vertretern der verschiedenen Kirchen und Religionsgruppen allgemein großes Bedauern ausgelöst. Besonders hervorgehoben wurde dabei immer wieder Lehmanns Rolle als Vermittler zwischen den Religionen und in gesellschaftlichen Konflikten.
Mainz (ddp-rps). Der angekündigte Rücktritt des Mainzer Kardinals Karl Lehmann vom Vorsitz der Deutschen Bischofskonferenz hat in der Politik und bei den Vertretern der verschiedenen Kirchen und Religionsgruppen allgemein großes Bedauern ausgelöst. Besonders hervorgehoben wurde dabei immer wieder Lehmanns Rolle als Vermittler zwischen den Religionen und in gesellschaftlichen Konflikten.
Als Vorsitzender der katholischen Bischofskonferenz sei Lehmann der evangelischen Kirche «stets als ein Partner auf Augenhöhe begegnet», lobte etwa der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, das Engagement des Mainzer Kardinals für die Ökumene. «Er war und ist ein Segen, nicht allein für seine römisch-katholische Kirche, sondern für alle Christinnen und Christen und für unser ganzes Land», sagte Schneider.
Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, dankte Lehmann für «jahrelange vertrauensvolle und freundschaftliche Zusammenarbeit». Dabei seien «tiefe menschliche Bindungen» entstanden, «die sich auch in politisch schwierigen Zeiten als tragfähig und belastbar erwiesen» hätten, sagte Knobloch. Dies gelte für sie im gleichen Maße wie für ihre verstorbenen Amtsvorgänger Ignatz Bubis und Paul Spiegel.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chef Kurt Beck betonten übereinstimmend, dass Lehmann weit über die katholische Kirche hinaus gewirkt habe und großes Ansehen genieße. Als brillantem Theologen sei es dem Mainzer Bischof oft gelungen , «mit Menschlichkeit und Humor verschiedene Ansichten zu versöhnen», sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident. Die CDU-Chefin betonte, Lehmann werde für sie persönlich und für die Politik ein geschätzter Gesprächspartner bleiben.
Auch innerhalb der katholischen Kirche wurde Lehmanns Rücktrittsankündigung mit großem Bedauern zur Kenntnis genommen. Lehmann sei den katholischen Laien in Deutschland stets ein «verlässlicher Freund» gewesen, der «mit seinem Wirken Maßstäbe gesetzt» habe, sagte der Vorsitzende Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Hans Joachim Meyer. In der Zusammenarbeit habe das ZdK immer wieder Lehmanns «Grundsatzfestigkeit, seinen Realitätssinn und seine Bereitschaft zum Zuhören» erleben können. Als «Garant für ein gutes Miteinander», der den Platz der Kirche in der Gesellschaft «mit Verstand und Menschlichkeit ausgefüllt» habe, würdigte die Vorsitzende der Schwangerenberatungsorganisation Donum Vitae, Rita Waschbüsch, Lehmann. In ihm habe Donum Vitae stets «ein faires Gegenüber» gehabt, mit dem sich die Organisation in ihrem Anliegen, schwangeren Frauen in Not zu helfen, einig gewusst habe.
Lehmann hatte im Konflikt der deutschen Bischöfe mit dem Vatikan um die Schwangerenkonfliktberatung mit großem Engagement für den Verbleib der Kirche im staatlichen Beratungssystem gekämpft. Erst als Papst Johannes Paul II 1998 in einem Brief an die Bischofskonferenz den Ausstieg definitiv anordnete, gab Lehmann sich geschlagen. Vor diesem Hintergrund bedauerte auch die Kirchenvolksbewegung «Wir sind Kirche» den Rücktritt Lehmanns. Es sei zu befürchten, dass mit dem nun anstehenden Generationswechsel ein Bischof zum Nachfolger Lehmanns gewählt werde, der nicht wie dieser von den Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils geprägt sei. (ddp)
Zuletzt geändert am 15.01.2008