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Veröffentlicht am 11­.02.2008

11.2.2008 - Neue Westfälische

Er muss sich gegen Rom behaupten

Interview: Manfred Dümmer von der Bewegung "Wir sind Kirche" zur Wahl eines Nachfolgers für Kardinal Lehmnann in der katholischen Bischofskonferenz

Am Dienstag wählt die Deutsche Bischofskonferenz einen neuen Vorsitzenden für den zurückgetretenen Kardinal Karl Lehmann. An den Nachfolger werden von allen Seiten der katholischen Kirche große Erwartungen gerichtet. David Schellenberg sprach darüber mit Manfred Dümmer, Sprecher der Arbeitsgruppe Bielefeld der kirchenkritischen Bewegung „Wir sind Kirche".

Herr Dümmer, was erwartet sich Ihre Bewegung vom neuen Vorsitzenden?
MANFRED DÜMMER: Er muss nicht der beste Theologe sein, sondern moderieren und die Flügel der Bischofskonferenz integrieren können. Unser Wunsch ist, dass er die Vision einer Kirche der Vielfalt und Freiheit entwickelt.

Wie sieht diese Vision aus?
DÜMMER: Laien und Frauen müssen in der Kirche eine stärkere Rolle spielen. Ihnen muss der Zugang zu allen Ämtern geöffnet werden. Wir brauchen zudem Konzepte, wie sich die Kirche vor Ort präsentiert.
Der Rahmen für Reformen ist derzeit aber schwierig. Seit vielen Jahren geht die Zahl der Priester immer weiter zurück. Zudem kämpft die Kirche mit sinkenden finanziellen Einnahmen ... DÜMMER: Genau aus diesem Grunde sind neue Wege so wichtig. Schon jetzt leisten Frauen den größten Teil der Arbeit in Gemeindegruppen. Es ist unverständlich und biblisch nicht zu begründen, dass sie noch immer nicht zum Priesteramt zugelassen sind.

Einen Bischof mit diesem Programm gibt es aber nicht.
DÜMMER: Das ist richtig.

Dann wären Sie mit keinem neuen Vorsitzenden zufrieden?
DÜMMER: Wir werden niemanden von vornherein ablehnen, sondern jeden an seinen Taten messen.

Bevorzugen Sie einen Bischof?
DÜMMER: Mit Namen sind wir vorsichtig. So ist etwa Bischof Franz-Josef Bode aus Osnabrück einer, der ruhig und ausgleichend wirkt. Er gewährt in kleinen Schritten Freiheiten für die Gemeinden und wagt auch einmal etwas Neues. Es gibt sicherlich noch einige andere Kandidaten, die uns näherliegen, wie Erzbischof Robert Zollitsch aus Freiburg und Bischof Leo Nowak aus Magdeburg.

Das sind alles keine Namen, die von Kirchenexperten gehandelt werden...
DÜMMER: Die Bischofskonferenz ist ja immer wieder für Überraschungen gut. Auch Karl Lehmann war als Bischof von Mainz 1987 nicht erste Wahl. Ich denke, es wird wieder eine Überraschung geben.

Als Favorit ist der neue Erzbischof von München, Reinhard Marx, im Gespräch. Ihm wird nicht gerade nachgesagt, besonders liberal zu sein.
DÜMMER: Wir haben Bedenken, ob Reinhard Marx wirklich neue Visionen für die Kirche entwickeln wird. In den Streitfragen hat er sich bisher immer romtreu gezeigt. Wir befürchten, dass er auf Bestehendem beharrt. Das gilt für viele Bischöfe der Bischofskonferenz.

Fühlen Sie sich ausgegrenzt?
DÜMMER: Im Bistum Paderborn auf jeden Fall. Wir haben Erzbischof Hans-Josef Becker zur Weihe gratuliert und ihn um einen Dialog gebeten. Trotz Erinnerung hat es bis heute kein Gespräch gegeben. Im Bistum Regensburg hat Bischof Gerhard Ludwig Müller die Pfarrgemeinderäte in seinem Sinne neu organisiert. Das ist im 21. Jahrhundert kein akzeptables, kein christliches Verhalten. Wir erwarten mehr Toleranz und dass auch wir mit unseren Anliegen gehört werden. In einigen Bistümern ist man offener.

Ihre Bewegung setzt sich sehr für die Ökumene ein. Da tut sich die katholische Kirche derzeit sehr schwer. Welche Signale wünschen Sie da vom neuen Vorsitzenden?
DÜMMER: Er muss ein Mann der Ökumene sein, der zum Beispiel auf dem 2. Ökumenischen Kirchentag 2010 in München Zeichen setzt. Das ist ein Bereich, in dem die Bischöfe Möglichkeiten haben, unabhängiger von Rom zu gestalten.

Das heißt, dass Sie von Papst BenediktXVI. in Rom keine neuen Anstöße mehr erwarten?
DÜMMER: Aus Rom gibt es derzeit leider keine Zeichen, dass es Änderungen hin zu mehr Freiheit gibt.

Was bedeutet das für den Vorsitzenden der Bischofskonferenz?
DÜMMER: Er braucht sehr viel Selbstsicherheit, um sich gegenüber einer Vielzahl von Bischöfen in der Bischofskonferenz und gegenüber Rom zu behaupten und seine eigenen Vorstellungen umzusetzen.

Glauben Sie daran?
DÜMMER: Als Christ gibt man die Hoffnung nicht auf, dass auch in der Bischofskonferenz der Geist Gottes und damit der Freiheit weht.

Bildunterschrift
Glaubt: Kirchenkritiker Manfred Dümmer.

Zuletzt geändert am 12­.02.2008