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Veröffentlicht am 12­.02.2008

12.2.2008 - Deutschlandfunk Kommentar

Kein Aufbruch zu neuen Ufern

Robert Zollitsch ist neuer Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

Von Klaus Hofmeister

Also: kein Generationswechsel, kein Aufbruch zu neuen Ufern an der Spitze der Deutschen Katholischen Bischofskonferenz. Einen 69-Jährigen haben die Bischöfe zum Vorsitzenden gewählt, Robert Zollitsch, Erzbischof von Freiburg. Wer hätte diesen Namen vorher je gehört.

Das Bedürfnis der Öffentlichkeit, dass auf Kardinal Lehmann wieder einer folgt, der das Zeug hätte, das Gesicht des Katholizismus in Deutschland zu prägen, wird mit dieser Personalie nicht befriedigt. Zollitsch hat hohe Qualitäten, sie liegen nicht gerade in großer medialer Gewandtheit.

Und wenn man dieses Manko des neuen Vorsitzenden der Bischofskonferenz zuerst empfindet, dann mag eine Art Phantomschmerz dafür der Grund sein. Denn der andere aussichtsreiche Kandidat, Erzbischof Reinhard Marx von München, wäre genau das gewesen: ein gewandter Repräsentant des Katholischen in der Öffentlichkeit, eine Person von Saft und Kraft, einer, der auch nach den Gesetzen der Medienöffentlichkeit eine respektable Größe geworden wäre.

Nicht dass die Bischöfe Reinhard Marx nicht gewollt hätten als Vorsitzenden. Im Gegenteil. Nur kann man vernünftigerweise nicht einen Mann, der gerade vor zehn Tagen Chef der Erzdiözese München wurde, wahrscheinlich kaum seine Haushälterin mit Namen kennt, direkt verantwortlich für 2 Millionen Katholiken ist, nicht auch noch zugleich in das Amt des Vorsitzenden der Bischofskonferenz hieven. Das schmälert aber nichts an der Tatsache, dass Reinhard Marx der kommende Mann ist und Robert Zollitsch nun eher als Übergangskandidat gebraucht wurde. Immerhin mit einer 6-jährigen Amtszeit, falls er sie denn ausschöpft.

Trotzdem gab es im katholischen Deutschland bei dem Namen Robert Zollitsch ein hörbares Aufatmen. Zollitsch ist ein feiner, bescheidener und dazu blitzgescheiter Mann, der vielleicht manchmal leicht streberhaft rüberkommt. Viel wichtiger aber ist: Er ist keiner, der polarisiert, sondern einer, der wie Lehmann Moderator sein will, Brückenbauer. Mit Zollitsch wird eine weltoffene "Linie der Vernunft" fortgesetzt. Er ist sich bewusst, dass die Kirche gesellschaftlich nur als Dialogpartner, nicht als Dialogverweigerer, eine Chance hat und ihrem Auftrag gerecht wird.

Die fundamentalen Angriffe der Bischöfe Meisner, Mixa, Müller auf die Gesellschaft sind nicht die Sache von Zollitsch. Er weiß, dass es Menschen guten Willens nicht nur in der Kirche, und Sünder nicht nur außerhalb gibt. Deshalb gab es von Donum Vitae bis hin zur Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" - also auch bei den kritischsten Geistern in der Kirche - gleich nach der Wahl erstaunlich deutliches Lob für diese Personalie.

Zollitsch, der nach dem Krieg aus Donauschwaben im ehemaligen Jugoslawien Vertriebene, ist theologisch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Er war zwanzig Jahre lang Personalchef der Erzdiözese Freiburg und wurde erst vor fünf Jahren Chef der zweitgrößten Deutschen Diözese. Einmal Bischof, hat er den Posten als Chef des "Verbandes der Deutschen Diözesen" übernommen, zuständig für alle überdiözesanen Arbeitsbereiche der deutschen Kirche.

Diesen heiklen Job hat er so effizient, pragmatisch, konsensorientiert erledigt, dass ihn alle schätzen lernten, eben als bischöfliches Organisationstalent. Sicher wird Robert Zollitsch ein ganz anderer Typ Vorsitzender der Bischofskonferenz als sein Vorgänger, Kardinal Lehmann: vielleicht mehr ein dienstbarer Geschäftsführer und Manager des Gemeinsamen. Das ist ja auch nicht wenig, aber man wird sich doch ziemlich umgewöhnen müssen.

Zuletzt geändert am 14­.02.2008