14.3.2008 - Newsletter von Radio Vatikan
Deutschland: Urteil im „Fall Riekofen”
Ein Gutachter erklärte vor Gericht, der Pfarrer leide eindeutig unter homosexueller Pädophilie und sei wegen einer Persönlichkeitsstörung nur eingeschränkt schuldfähig. Der Ärztliche Direktor der Straubinger Forensik sagte aus, ohne Therapie seien von dem Mann weitere Straftaten zu erwarten.
Der Vorsitzende Richter rügte ausdrücklich das Verhalten des Ordinariats. Dadurch, dass es den einschlägig vorbestraften Mann noch während seiner Bewährungszeit mit der kirchlichen Seelsorge betraut habe, habe man ihn regelrecht in Versuchung geführt. Der Richter wörtlich: „Eine Bank stellt keinen Mann als Kassierer an, der wegen Untreue vorbestraft ist.”
Der Therapeut des inzwischen von allen priesterlichen Aufgaben suspendierten Mannes hatte im Jahr 2003 den ersten Missbrauchsfall als einmalige „Regression” bewertet und eine Wiederholungsgefahr ausgeschlossen. Daraufhin setzte die Bistumsleitung den Seelsorger wieder in einer Gemeinde ein. Der Verteidiger des Mannes nannte dies „eine Weichenstellung, die nicht glücklich war”.
Laut Aussage einer Kriminalpolizistin hatte der Täter schon 2001 die gesamte Seelsorge in der damals vakanten Pfarrei übernommen. Dies geschah ohne bischöflichen Auftrag und verstieß gegen Bewährungsauflagen. Aus der Personalakte geht hervor, dass seinen Vorgesetzten darüber Informationen vorlagen, hieß es bei der Verhandlung. In einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung des Bistums Regensburg ist von einer „beispiellosen, bundesweiten Diffamierungskampagne” die Rede. Der Generalvikar kritisiert das Verhalten mancher „interessierter Kreise am Rande und außerhalb der Kirche, die diese menschliche Tragödie des Geschädigten wie des Täters seit Mitte 2007 medienwirksam instrumentalisieren und Bischof Gerhard Ludwig Müller eine moralische und juristische Mitschuld unterstellen wollen”. Die Fakten würden „auf den Kopf gestellt und der gesamte Vorgang von 1999 bis 2008 verzerrend dargestellt.”
Der Opferfamilie gegenüber äußerte das Bischöfliche Ordinariat sein Bedauern und bot die Vermittlung therapeutischer Hilfe an. „Nach Abschluss der Verfahrens kann ich mich nun auch direkt an den Geschädigten wenden”, erklärte Generalvikar Michael Fuchs. „Bislang hätten wir uns dem Vorwurf ausgesetzt, das Verfahren beeinflussen zu wollen.” Trotz der verwerflichen Tat werde das Bistum aber den suspendierten Geistlichen nicht fallen lassen. Über weitere kirchenrechtliche Konsequenzen entscheide Rom. (pm/kna/br)
Zuletzt geändert am 15.03.2008