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Veröffentlicht am 12­.04.2008

12.4.2008 - :Trostberger Tagblatt / www.chiemgau-online.de

Verschließt oder öffnet sich die Kirche?

Geteilte Meinung in der Region zum Stellenwert der Laien in der katholischen Kirche

Morgen Weltgebetstag für geistliche Berufungen - Reformbewegung fordert mehr Laienpredigten - Enttäuschung über Rückwärtsbewegung

Von Michael Falkinger und Hans EderTraunstein/Berchtesgadener Land.

Die Bewegung "Wir sind Kirche" fordert anlässlich des morgigen Weltgebetstags für geistliche Berufungen mehr Laienpredigten in der katholischen Kirche - auch mit Blick auf den zunehmenden Priestermangel. Wie unsere Umfrage ergab, herrscht in der Region geteilte Meinung über diese Forderung. Der Baumburger Dekan Thomas Schlichting betont, die Laienpredigt sei in der Eucharistiefeier weltweit nicht erlaubt. Dekanatsratsvorsitzender Theo Mayerhöfer hat nichts dagegen einzuwenden, dass zu bestimmten Anlässen Laien auch in der Eucharistiefeier predigen.

Zum Zusammenhang zwischen Laienpredigt und Priestermangel erklärt Dekan Schlichting, Pfarrer der Traunreuter Gemeinde Zum Heiligsten Erlöser: "Die Erlaubnis der Laienpredigt würde beim Thema Priestermangel nicht viel bringen, weil man für eine Eucharistiefeier immer einen Priester braucht."

Laut katholischem Kirchenrecht und der Liturgie-Instruktion "Redemptionis Sacramentum" von 2004 ist die Predigt in Eucharistiefeiern ausschließlich dem Priester oder dem Diakon vorbehalten. "Das ist eine römische Erklärung, die weltweit gilt", betont Schlichting. Er fügt hinzu: "Die Laienpredigt ist prinzipiell erlaubt - nur nicht im Zusammenhang mit der Eucharistiefeier." Auch an diesem Wochenende gebe es in der Region viele Wortgottesdienste, in denen Laien predigten.

Kein Problem sieht Baumburgs Dekanatsratsvorsitzender Theo Mayerhöfer darin, dass Laien auch in der Eucharistiefeier predigen. "Das ist bei uns in Truchtlaching auch schon passiert. Das kann man schon machen." Dies soll jedoch nicht jeden oder jeden zweiten Sonntag so sein, denn der Laie soll nicht die Aufgabe des Pfarrers übernehmen. "Aber aus gegebenen Anlass kann ruhig einmal ein Laie predigen", sagt Mayerhöfer und nennt als Beispiele Caritas-Sammler, die am Caritas-Sonntag predigen könnten, oder Betreuer von behinderten Menschen. Doch abgesehen von diesen Ausnahmen betont Mayerhöfer: "Meine Meinung ist, dass nicht unbedingt mehr Laien predigen sollten."

"Ich bin gerne im Gottesdienst - auch in der Verkündigung - und bin immer dankbar für die eine oder andere Möglichkeit, die mir gegeben wird, zu predigen", sagt Michael Kohl, Pastoralreferent in der Stadtpfarrei St. Andreas Trostberg. Kohl hat zwar eine professionelle theologische Ausbildung und ist als Seelsorger eingesetzt. Da er jedoch nicht geweiht worden ist, firmiert er unter dem Status des Laien. "Daher habe ich keine Befugnis, am Sonntag in der Eucharistiefeier zu predigen", erklärt Kohl.

Aus seiner Enttäuschung über die seiner Meinung nach Rückwärtsbewegung der katholischen Kirche macht Kohl keinen Hehl: "Am Sonntag ist ja jetzt der Aufruf, um geistliche Berufungen und Berufe zu beten. Aber ich denke mir da schon immer wieder aufs Neue, wie die Kirche mit Berufungen umgeht." Gott berufe möglicherweise vielfach Menschen, die Kirche lege aber fest, unter welchen Bedingungen die Berufungen dann gelebt werden können - sei es, dass sich Frauen berufen fühlen oder Laien, die stärker in der Verkündigung tätig sein wollen.

Kohls Resümee: "Mir ist deutlich geworden, dass ich doch sehr traurig und enttäuscht bin über die Entwicklung der Kirche in den letzten zehn bis 15 Jahren." Als er Seelsorger geworden ist, sei er hoffnungsvoll in den Dienst gegangen. Kohl erinnert an die Würzburger Synode von 1972 bis 1975 mit den deutschen Bischöfen: "Da ist zum Beispiel ganz klar das Votum aufgekommen, dass Laien im Gottesdienst predigen und dass Frauen eventuell sogar zum Diakonat zugelassen werden sollen. Da ist ganz offen diskutiert und nachgedacht worden. Aber ich erlebe in den letzten Jahren immer stärker eine Rückwärtsbewegung - dass man sich nicht mehr öffnet, sondern eher verschließt." Daher sei er dankbar, wenn eine Bewegung wie "Wir sind Kirche" Impulse gegen die Zurückdrängung und für die Stärkung der Laien setzt.

Dagegen nicht besonders gut auf die Reformbewegung "Wir sind Kirche" zu sprechen ist der Traunsteiner Dekan Konrad Kronast, Pfarrer in Übersee: "Die müssen das sagen", meint er in Bezug auf ihre Feststellung, dass in der Erzdiözese neuerdings der Einfluss der Laien zurückgedrängt werden solle. Kronast findet deutliche Worte: "Das sind nur ein paar Leute, die da g'scheit daherreden."

Das Gegenteil sei richtig: Die Tätigkeit der Laien werde in Zukunft noch viel wichtiger, weil die Seelsorgsräume immer größer würden. Lediglich die Leitungsfunktion in den Pfarreien und Pfarrverbänden bleibe weiterhin den geweihten Priestern vorbehalten. Aber daneben würden in diesen Seelsorgsräumen "mindestens drei hauptamtliche und viele ehrenamtliche Mitarbeiter" tätig sein müssen, um die Aufgaben überhaupt noch schaffen zu können.

Gemeindeassistentin Marianne Aicher aus Teisendorf, die im Pfarrverband Waging-Otting-St. Leonhard tätig ist, sieht wie Kronast bisher keinerlei Tendenz in der Erzdiözese München-Freising, wonach der Einfluss der Laien zurückgedrängt werden solle: "Wir haben diesbezüglich keine Meldung, dass sich irgendwas verändern soll", sagt sie. Im Pfarrverband predigen sie und ihr Kollege, Pastoralreferent Peter Förg, sogar sehr häufig: bei Wortgottesdiensten, bei Beerdigungen, regelmäßig bei Taufen. Bei Eucharistiefeiern, also bei Gottesdiensten mit Wandlung, dürften Laien nicht predigen, betont Aicher wie bereits Dekan Schlichting. "Das ist aber nicht neu, das war schon immer so."

Allerdings gibt es davon auch Ausnahmen: Ein Pfarrer könne, wenn es die Situation erfordere, auch Laien mit der Predigt beauftragen. Bei Kinder-, Familien- und Jugendgottesdiensten komme dies immer wieder vor. Aicher sieht es zudem als besonderes Zeichen der Wertschätzung an, dass Münchens Erzbischof Reinhard Marx gleich in seinem ersten Jahr in München die offizielle "Aussendung" - also die feierliche In-Dienst-Stellung - der neuen Gemeindereferenten übernimmt.

"In der Diözese Passau gilt natürlich die kirchenrechtliche Vorgabe, dass die Predigt und damit die Auslegung des Wortes Gottes in der Eucharistiefeier den Priestern und Diakonen vorbehalten ist", unterstreicht Wolfgang Duschl, Pressesprecher der Diözese Passau. Ausnahmen dazu müssten wirklich vom Einzelfall her geprüft und gesehen werden.

"Anders ist die Sicht bei Wortgottesfeiern am Sonntag, die allerdings die sonntägliche Eucharistiefeier nicht ersetzen. Deshalb sind sie für uns eine generelle Ausnahme angesichts des Priestermangels", schränkt Duschl ein. Dabei könnten entsprechend theologisch vorbereitete und vom Bischof beauftragte Frauen und Männer die Predigt übernehmen.

Martin Riedl aus St. Leonhard, Pastoralreferent in der Stadtkirche Traunstein, sieht für sich die Verkündigung, also die Predigt, als ganz selbstverständlich an: "Ich habe den Auftrag zur Verkündung, habe deswegen ja auch eine Predigtausbildung machen müssen." Für ihn persönlich sei dies die Chance, den Menschen von Gott zu erzählen. Er sehe hier keinerlei Konkurrenz zum Pfarrer. Vielmehr habe er in dem möglichen Rahmen - also bei Wort- und Familiengottesdiensten sowie Beerdigungen - vielerlei Gelegenheiten dazu.

Was den neuen Erzbischof von München und Freising sowie dessen Vorstellungen anbetrifft, hat Riedl die persönliche Wahrnehmung, dass Marx klare Vorstellung habe, wie die Zukunft gestaltet werden sollte: etwa durch Zusammenlegung von Pfarreien. Was allerdings speziell die Rolle der Laien anbetreffe, "dazu kann ich noch keine Aussage machen", meint Riedl. Dafür sei die Zeit bisher zu kurz gewesen.

Zuletzt geändert am 12­.04.2008