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Veröffentlicht am 19­.05.2008

19.5.2008 - Neue Osnabrücker Zeitung

„Der Zölibat ist nicht mehr überzeugend“

Kirchenvolksbewegung: Brennende Themen wie Priestermangel werden nicht ausreichend thematisiert

hav Osnabrück.

Über den Zölibat, das Zweite Vatikanische Konzil und das Programm des Katholikentages äußerte sich der Sprecher der Reformbewegung „Wir sind Kirche“ im Interview mit unserer Zeitung.

Herr Weisner, welche Ziele verfolgt die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ auf dem Katholikentag?

Wir greifen die schwierigen Dinge auf, die in der Kirche in der Luft liegen – etwa den Priestermangel und die Zusammenlegung von Gemeinden. Unsere große Hoffnung ist das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965), eine Zeit des Aufbruchs. Wir werden in Osnabrück schauen, was aus diesem Aufbruch des Konzils geworden ist.

„Wir sind Kirche“ fordert seit 13 Jahren die Abschaffung des Zölibats. Welche Rolle sollte dieses Thema in Osnabrück spielen?

Das Thema kommt in vielerlei Hinsicht zur Sprache, ob es im Programm steht oder nicht, ob es gewollt ist oder nicht. Der Priestermangel ist dramatisch – und der Zölibat steht weltweit zur Diskussion. Die katholische Kirche muss sich wirklich fragen, ob sie nicht die Gemeinden austrocknet, wenn sie daran festhält, weil Gemeinden nur mit einem geweihten Priester Eucharistie feiern dürfen. Der Zölibat ist eine Idealvorstellung, die oft nicht mehr gelebt wird und damit nicht mehr überzeugend ist.

Was erwarten Sie von den Bischöfen, die nach Osnabrück kommen?

Wir freuen uns über die Bischöfe, die kommen und in einen konstruktiven Dialog eintreten, die auch auf das Kirchenvolk hören. Das ist wichtig, weil sich die römisch-katholische Kirche in einem Zustand der Angst und Selbstvergewisserung befindet. Wir wissen natürlich, dass die Bischöfe sehr durch Rom gebunden sind. Zwar wird Papst Benedikt als lächelnder Papst wahrgenommen, aber der wirkliche Kurs der römisch-katholischen Kirche ist anders. Er ist in der Ökumene sehr auf Abgrenzung bedacht und beschwört in der neuen tridentinischen Karfreitagsfürbitte Konflikte mit dem Judentum herauf. Ich kann nur sehr hoffen, dass die Bischöfe, die kommen, zum Dialog bereit sind und dass keine Störfeuer von abwesenden Bischöfen kommen, und auch nicht aus Rom.

Sind Sie mit dem Programm und dem Leitwort zufrieden?

Die Frage ist, ob trotz des umfassenden Programms tatsächlich die brennenden Themen wie pastorale Umstrukturierung oder Priestermangel ausreichend thematisiert werden. Das Leitwort „Du führst uns hinaus ins Weite“ macht aber Mut, neue Wege zu gehen, bestehende Grenzen zu überwinden. Da gehen wir gerne mit.

Manche Kritiker sagen: Die Kirchenvolksbewegung, das sind die ewigen Nörgler...

Mit dieser Kritik können wir gut leben, denn wir wissen genau, aus welcher Richtung diese Kritik kommt. Im Augenblick mangelt es in erschreckender Weise am Dialog. Bald 50 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist es notwendiger denn je, diesen Dialog innerhalb der Kirche und mit anderen immer wieder einzufordern. Deshalb bleiben wir dran.

Zuletzt geändert am 19­.05.2008