21.5.2008 - Stuttgarter Nachrichten
"Zukunft mit Gott gestalten"
Osnabrück - Mit der Ermunterung zu mehr Gottvertrauen bei der Gestaltung der Zukunft hat der 97. Katholikentag am Mittwoch in Osnabrück begonnen. Zu mehr Zuversicht bei der Bewältigung von Veränderungen in Gesellschaft und Kirche rief der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Hans Joachim Meyer, auf. Zu dem Kirchentreffen mit 1200 Einzelveranstaltungen werden bis Sonntag mehr als 60.000 Teilnehmer erwartet. Politische Höhepunkte sind der Besuch von Bundespräsident Horst Köhler am Samstag sowie Auftritte von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chef Kurt Beck am Donnerstag. Mit Spannung erwartet werden auch Veranstaltungen zum interreligiösen Dialog der Katholiken mit Juden und Muslimen.
ZdK-Präsident Meyer lud die Menschen dazu ein, ihre Zukunft mit Gott zu gestalten. "Gott geht mit uns voran", sagte Meyer bei der Eröffnungsfeier. Gottgläubige Christen jagten keinen realitätsfernen Utopien nach - weder von kollektiver Glückseligkeit noch von individueller Perfektion. "Wir freuen uns über jede neue Erkenntnis und wir scheuen nicht vor neuen Wegen zurück", sagte Meyer einem vorab verbreiteten Auszug seiner Rede zufolge. "Aber alles hat seine Grenze in der Achtung vor dem menschlichen Leben und seiner Würde".
In einem Beschluss vom Mittwoch verlangte die ZdK-Vollversammlung eine bessere Förderung von Familien mit Kindern. "Nach unserer Überzeugung sind Grabenkämpfe um das katholische Familienbild oder um das eine richtige Familienmodell nicht im Sinne der Familien", sagte Meyer. "Vielmehr plädieren wir für ein entideologisiertes wohlwollendes Verständnis für unterschiedliche Lebens- und Familiensituationen." Der berufliche Wiedereinstieg nach der Elternphase müsse gefördert, die Qualität der Kinderbetreuung gewährleistet und der Lohn von Männern und Frauen angeglichen werden.
Die Ökumene, die beim Katholikentag als Diskussionsthema breiten Raum nimmt, sieht Meyer schon weit vorangeschritten. "Aus dem Nebeneinander früherer Zeit ist ein wirkliches Miteinander geworden", sagte er zur Zusammenarbeit von Katholiken und Protestanten. Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode rief die Katholiken dazu auf, die Augen zu öffnen nicht nur für die Probleme, sondern vor allem für die Chancen, Möglichkeiten und Perspektiven unserer Zeit. "Gott liebt diese Zeit nicht weniger als andere", sagte der Bischof. Er erwarte vom Katholikentag auch einen Impuls zur Bewältigung der Strukturreform der Kirche und der Einbeziehung von Laien.
Eine mangelnde Dialogbereitschaft der Amtskirche beklagte die Reformbewegung "Wir sind Kirche" zum Auftakt des Katholikentages. Strittige Themen wie die Verpflichtung zur Ehelosigkeit für Priester (Zölibat), die Aufnahme von Frauen in das Priesteramt oder die Beschränkung der Rechte von Laien in der Kirche kämen kaum zur Sprache, sagte die Sprecherin der Bewegung, Sigrid Grabmeier. Das sei "Kuschelkatholizismus", von dem kein Aufbruch ausgehe. "Das ist in unserer Welt das falsche Zeichen." Die Kirche stehe in Deutschland auf einer brüchigen Basis, überall gebe es Unmut, etwa über das Zusammenlegen von Kirchengemeinden und fehlenden Dialog.
dpa
Zuletzt geändert am 22.05.2008