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Veröffentlicht am 22­.05.2008

22.5.2008 - Wiesbadener Kurier

Die Bischöfe und ihre skeptischen Schäfchen

Katholischer Kirchentag in Osnabrück hat viele Probleme zu lösen / Laien vermissen Dialogbereitschaft des Klerus

Von Bernward Loheide

OSNABRÜCK Die Problemliste der katholischen Kirche in Deutschland ist lang: Es gibt immer weniger Priester und Gottesdienstbesucher, immer mehr Pfarrgemeinden, die zu großen Seelsorgebezirken zusammengelegt werden, immer mehr zermürbende Konflikte mit dem Vatikan und einen Stillstand im ökumenischen Dialog mit den Protestanten. Über all diese Probleme wollen die katholischen Laien mit den Bischöfen schon seit langem ein "Zukunftsgespräch" führen. Doch die Oberhirten wollen nicht. Im Herbst 2007 legten sie das Projekt auf Eis. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) hofft nun, dass der Katholikentag in Osnabrück neue Wege aus dem Reformstau weisen kann.

"Wir sind da zuversichtlich und auch hartnäckig", sagte ZdK-Präsident Hans Joachim Meyer zum Auftakt des Christentreffens am Mittwoch. Zustimmung erhielt er vom gastgebenden Bischof von Osnabrück, Franz-Josef Bode: "Ich bin sicher, dass diese Frage vom Katholikentag eine Anfeuerung erhält." Die Grundthemen der Großveranstaltung könnten gemeinsam mit den Bischöfen in einem Forum zur Zukunft der Kirche aufgegriffen werden.

Weniger zuversichtlich ist die reformkatholische Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche". Ihr Sprecher Christian Weisner wirft den Bischöfen und dem ZdK als Vertretung des Laien- und Verbandskatholizismus eine mangelnde Dialogbereitschaft vor: "Es brodelt überall", aber strittige Themen wie das Heiratsverbot für Priester kämen auf dem Katholikentag kaum zur Sprache.

Angst vor der Zukunft muss die Kirche nach Ansicht mancher Soziologen eigentlich gar nicht haben. Der jüngste Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung ergab, dass 70 Prozent der Deutschen religiös sind. Religion und die Suche nach Sinn erleben angeblich sogar eine Renaissance. Zum Beleg dafür wird auch gerne auf das Pilgerbuch des Entertainers Hape Kerkeling über seine Erlebnisse auf dem Jakobsweg verwiesen: Schon seit 100 Wochen steht es auf dem ersten Platz der Bestsellerlisten.

Der Religionsmonitor ergab aber auch: Wer in Deutschland religiös ist, zeigt eine vergleichsweise hohe Bereitschaft, diese Religiosität zu hinterfragen. Genau dies passiert hundertfach auf den Podien und Debatten des Katholikentags. Früher waren diese daher Motoren innerkirchlicher Reformen. Doch das ist vorbei. Einige konservative Bischöfe wie der Kölner Kardinal Joachim Meisner sind erst gar nicht nach Osnabrück gekommen. Ein Zukunftsgespräch mit den Laien wollen sie nicht führen.

Das ZdK sieht dagegen dringenden Handlungsbedarf und warnt in einer Erklärung vor einer schleichenden Verdrängung: "Die katholische Kirche in Deutschland ist in der Gefahr, dass sie trotz reicher Ressourcen, guter rechtlicher Absicherung und vieler Anstrengungen mit ihrer Botschaft ins gesellschaftliche Abseits gerät." Mit ihren Kindergärten, Krankenhäusern und Schulen sei sie zwar noch vielfältig präsent. Viele Kirchengemeinden sprächen aber längst nicht mehr die breite Masse der Bevölkerung an, sondern "nur wenige, ausgewählte Milieus". Auch dagegen will der Katholikentag ein Zeichen setzen, betonte Meyer: "Wir stehen dazu, dass `katholisch` `allgemein` und damit auch `Vielfalt` heißt."

Zuletzt geändert am 24­.05.2008