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Veröffentlicht am 23­.05.2008

23.5.2008 - Kölner Stadt-Anzeiger

Fast nur Harmonie auf dem Laientreffen

VON HARALD BISKUP

Osnabrück - Auf der „Kirchenmeile“, einer Art Leistungsschau kirchlicher Aktivitäten in der Osnabrücker City, präsentieren sich auch zahlreiche Ordensgemeinschaften - und strotzen dabei geradezu vor Zuversicht, so als hätten sie nicht seit Jahrzehnten mit fast schon existenziellen Nachwuchsproblemen zu kämpfen. „Feuer und Flamme für Gott und die Welt“ steht auf den Jutetaschen der „Barmherzigen Brüder Maria Hilf“, Am Stand der Pallottiner-Patres schaut man in einen Spiegel mit der Losung „Ich bin berufen! Superschön!“ Ein paar Meter weiter erkunden die „Herz-Jesu-Priester“ Visionen der Katholikentags-Besucher. „Das Leben ist eine große Party“, schreibt ein Pfadfinder auf eines der bunten Blätter, „Gräben überwinden“ heißt es auf einem anderen Zettel, der an einer Wäscheleine flattert. Die positive Grundstimmung überwiegt auf dem Laientreffen: Alles wird gut.

So harmonisch wie in der Stadt des Westfälischen Friedens ist es schon lange nicht mehr zugegangen auf einem dieser alle zwei Jahre stattfindenden religiösen Festivals. Generalsekretär Stefan Vesper wusste am Freitag nur von einem winzigen Zwischenfall zu berichten, der nicht in das traute Bild passte. Kämpferische Abtreibungsgegner hatten mit einem Plastik-Embryo auf ihr Anliegen aufmerksam machen wollen, wurden von der Kirchentags-Leitung aber aufgefordert, auf die als zu drastisch empfundene Darstellung zu verzichten. Zum Bild der Harmonie gehört auch, dass die Amtskirchen-kritische Bewegung „Wir sind Kirche“ am offiziellen Programm beteiligt ist und nicht mehr wie früher zu beinahe konspirativen Treffen in Hinterzimmern einladen muss.

Das Thema des Forums „Eingeladen, zugelassen, ausgegrenzt?“ war trotz des Fragezeichens durchaus provokant, und die „Location“, Kleine Domsfreiheit 7, vielleicht ja programmatisch. In der überfüllten Franz-von-Assisi-Schule ging es um das Reizthema gemeinsames Abendmahl von Katholiken und Protestanten, auch mit Blick auf den zweiten Ökumenischen Kirchentag 2010 in München. Die rigiden Bestimmungen Roms, wonach die so genannte Interkommunion nicht erlaubt ist, ließen sich nur durch „Akte des Ungehorsams“ überwinden. „Wir müssen danach handeln“, forderte unter großem Beifall eine Vertreterin der Basisbewegung, „was Gottes Geist uns befiehlt.“


Unkonventionelle Zukunftsmodelle

Nicht ganz so aufmüpfig, wie es der Titel der Veranstaltung vermuten ließ, ging es am Freitagnachmittag beim Forum „Ist die Kirche noch zu retten?“ zu. Immerhin konfrontierte Christian Hennecke, im Bistum Hildesheim für die Priesterausbildung zuständig, seine Zuhörer mit unkonventionellen Zukunftsmodellen. In der gegenwärtigen Kirchen- und Glaubenskrise, die mit einem Paradigmenwechsel einhergehe, so Henneckes These, stecke eine riesige Chance, nämlich die nach ganz neuen Formen kirchlichen Lebens. Die Verantwortlichen verhielten sich „ein bisschen so wie Miss Sophie in »Dinner for One«: „Der Tisch ist seit langem leer, aber sie machen einfach so weiter wie immer.“ Für seine Vorstellung einer „Kirche von morgen“ skizzierte Hennecke zwei Typen von Gläubigen: „Pilger“, die eine verbindliche Festlegung ablehnen, und „Konvertiten“, die eine persönliche Gotteserfahrung durchlebt hätten. Die Volkskirche sei endgültig passé, die Zukunft liege in kleinen geistlichen Gruppierungen. Sie verhinderten, dass immer mehr Gläubige in einem „diffusen Gemeinde-Nirwana“ abtauchten.

Ein Konflikt, der das Osnabrücker Katholikentreffen zu überschatten drohte, scheint vorerst beigelegt. Die Fürbitte für die „Erleuchtung“ der Juden in der Karfreitags-Liturgie hatte zu deutlicher Verstimmung in der jüdischen Gemeinschaft und zu Absagen jüdischer Referenten geführt. Robert Zollitsch, der neue Vorsitzende der Bischofskonferenz, glättete bei einer Begegnung mit dem Augsburger Rabbiner Henry G. Brandt die Wogen, als er versicherte, dem Papst gehe es nach Jahrzehnten des Dialogs mit den Juden nicht um eine „Wende der Wende“.

Zuletzt geändert am 24­.05.2008