| |
Veröffentlicht am 11­.08.2008

11.8.2008 - welt.de

Kein Missbrauch eines späteren Selbstmörders

In der Affäre um den Priester, der Internatsschüler missbraucht haben soll, gestalten sich die Ermittlungen schwierig. Für den Verdacht, dass ein Gymnasiast, der sich 1990 das Leben genommen hatte, zu den Opfern gehörte, fehlen derzeit die Anhaltspunkte. Dubios bleibt eine Geldzuwendung an die Eltern eines anderen Opfers. Priesterseminar in Bamberg.

In der Missbrauchsaffäre um den Bamberger Domkapitular hat die Staatsanwaltschaft entgegen anderslautenden Medienberichten keine neuen Anhaltspunkte für weitere Straftaten. Informationen, der heute 63-Jährige habe einen weiteren Schüler des Knabenseminars missbraucht, der sich deshalb das Leben genommen habe, bestätigte der Leitende Oberstaatsanwalt Joseph Düsel am Montag in Bamberg nicht.

Zwar sei der junge Mann in den 1980er Jahren tatsächlich Schüler des Bamberger Internats „Ottonianum“ gewesen; auf einen Missbrauch deute jedoch nichts hin. Dennoch verfolge die Ermittlungsbehörde die Spur und suche weitere Zeugen, betonte Düsel. Ebenfalls überprüft wird nach Düsels Angaben der Hinweis auf eine Zahlung des inzwischen suspendierten Domkapitulars von 20.000 Mark an die Eltern eines weiteren Opfers.

Die Ermittlungen in dem Fall gestalten sich nach Ansicht des Oberstaatsanwaltes derzeit schwierig. Bisher habe sich nur ein Opfer selbst gemeldet. Dieses spreche aber von einem Vorfall in den 1970er Jahren, weshalb die Tat inzwischen verjährt sei. Weil alle Vorwürfe zeitlich zu weit zurück lägen, könne der Geistliche derzeit nicht angeklagt werden.

Das Erzbistum Bamberg wies unterdessen Vorwürfe der Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ zurück, es versuche die Geschehnisse zu verharmlosen oder zu vertuschen. Alle Mitarbeiter seien vom Bischof persönlich dazu aufgerufen worden, an der Aufklärung der Vorwürfe mitzuarbeiten, sagte der stellvertretende Bistumssprecher Michael Kleiner.

Allerdings könne die Kirche Dinge, die so viele Jahre zurück lägen, nicht mehr klar nachvollziehen. Im Moment müsse man die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abwarten. Nach Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen seien auch kirchliche Strafmaßnahmen nicht ausgeschlossen, betonte Kleiner.

Der beschuldigte Domkapitular selbst hält sich nach Angaben des Bistumssprechers nach wie vor in einer therapeutischen Einrichtung auf und kann sich an die ihm zur Last gelegten Taten nicht erinnern. In dem Bamberger Internat „Ottonianum“ war der Geistliche bis 1991 tätig, von 1976 bis 1978 zunächst als Präfekt, also als Seelsorger und Ansprechpartner für die Buben, dann als Direktor. Seit 1999 ist die Einrichtung wegen mangelnder Auslastung geschlossen.

Zuletzt geändert am 12­.08.2008