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Veröffentlicht am 08­.04.2006

8. April 2006 - www.glaubeaktuell.net

Wir sind kirche: Unhaltbare Entscheidung der Kleruskongregation

Zur Zurückweisung des Rekurses des Wir sind kirche-Vorsitzenden Paul Winkler

Die Kirchenvolksbewegung Wir sind kirche ist empört, dass die römische Kleruskongregation ohne eingehende Begründung den hierarchischen Rekurs zurückgewiesen hat, den der Religionslehrer und Vorsitzende von Wir sind kirche in der Diözese Regensburg gegen die Entziehung seiner "Missio canonica" durch Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller eingelegt hat.

Wir sind kirche weist mit aller Entschiedenheit die Behauptung des Dekretes vom 13. März 2006 - fast elf Jahre nach dem 1995 von Österreich ausgegangenen KirchenVolksBegehren - zurück, dass die allgemein bekannten Forderungen, die "die Initiative ,Wir sind kirche'" verfolgt, "zum Teil der kirchlichen Lehre widersprechen und in offenem Gegensatz zur kirchlichen Ordnung stehen".

Die Kirchenvolksbewegung verstößt mit ihren Zielen und Forderungen weder gegen die Treue zum Evangelium noch gegen die ökumenischen Glaubensbekenntnisse, weder gegen die ex-cathedra-Entscheidungen des Papstes noch gegen Konzilsbeschlüsse - und somit nicht gegen die Grundsätze der katholischen Lehre. Einen Beweis dafür, dass dies anders sei, haben die Kirchenleitungen bisher nicht erbringen können.

Die christlich-katholische Tradition und Praxis haben sich in ihrer zweitausend-jährigen Geschichte oftmals verändert. Diese Veränderungen gingen nicht selten von gläubigen Frauen und Männer des Kirchenvolkes aus, die ihrem Gewissen gefolgt sind und die Kirchenleitungen darauf aufmerksam machten, wie weit sie sich von der Botschaft Jesu entfernt hatten. Wir erinnern hier nur an Franz von Assisi, Thomas von Aquin und Katharina von Siena.

Das Kirchenrecht ermuntert die Gläubigen, "ihre Anliegen, insbesondere die geistlichen, und ihre Wünsche den Hirten der Kirche zu eröffnen" (can. 212 § 2 CIC). "Entsprechend ihrem Wissen, ihrer Zuständigkeit und ihrer hervorragenden Stellung haben sie das Recht und bisweilen sogar die Pflicht, ihre Meinung in dem, was das Wohl der Kirche angeht, den geistlichen Hirten mitzuteilen ... und den übrigen Gläubigen kundzutun" (can. 212 § 2 CIC).

Auch heute gibt es viele Gläubige, Religionslehrer(innen), Pastoralassistent(inn)en, Krankenhausseelsorger(innen), Priester, Dechanten, Universitätsprofessor(inn)en, ja Bischöfe auf der ganzen Welt, die - zumindest punktuell und auch in der Öffentlichkeit - auf Grund ihrer Erfahrungen zu denselben Schlussfolgerungen kommen wie die Ziele und Forderungen des KirchenVolksBegehrens "Wir sind kirche". Wenn jetzt das öffentliche Eintreten um eine Auseinandersetzung mit der Frauenordination den Missio-Entzug nach sich zieht, muss dies als unverhohlen offene Drohgebärde gegen alle jene verstanden werden, die das gleiche tun. Der Verweis des Dekretes auf die Empfehlungen des damaligen Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre Joseph Ratzinger, des jetzigen Papstes Benedikt XVI., verfängt nicht. Diese hatte 1998 in einem Brief an den damaligen Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Johann Weber, erklärt, er habe keine "grundsätzlichen Einwände" gegen die Einbeziehung der Kirchenvolks-Begehrer in den von den österreichischen Bischöfen veranstalteten "Dialog für Österreich". Auch dürfe die Kirche "vor keinem wichtigen Anliegen zurückschrecken", so Kardinal Kardinal Ratzinger in seinem Brief vom 7. März 1998.

Die römisch-katholische Theologie kennt bestimmte Stufen der Verbindlichkeit einer Lehre. Der jeweilige Grad dieser Verbindlichkeit für Glaube und Leben ist aber nicht immer eindeutig klar. Dies gilt auch für das Apostolische Lehrschreiben "Ordinatio sacerdotalis" von Papst Johannes Paul II. vom 22. Mai 1994 "über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe". Der Papst hat dieses Lehrschreiben lediglich an alle "verehrten Brüder im Bischofsamt" gerichtet. Es handelt sich hier also nicht um eine feierliche Promulgation "ex cathedra", wie sie für eine mit dem Grade höchster Verbindlichkeit vorgetragene Lehre erforderlich wäre (vgl. Denzinger-Hünermann DH 3065-3074) und wie sie zuletzt 1950 von Papst Pius XII. bei der Verkündung des Dogmas von der Aufnahme Marias geschehen ist. Eine Lehre kann nur dann als unfehlbar definiert werden, "wenn dies offensichtlich feststeht" (can. 749 §3 CIC). Das trifft in Sachen Frauenordination nicht zu. Der Vorwurf der Kleruskongregation gegen Herrn Winkler, er verstoße gegen die verbindliche Lehre der Kirche, ist also nicht haltbar.

Mehr Informationen auf der Internetseite: http://www.wsk-regensburg.de/

Zuletzt geändert am 09­.05.2006