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Veröffentlicht am 25­.09.2008

25.9.2008 - Süddeutsche Zeitung

Seelsorge statt Mega-Pfarreien. „Wir sind Kirche” gibt Anstöße für geplanten Reformprozess im Erzbistum

„Wir freuen uns auf Ihre Ideen!”, steht auf der Rückseite des Flyers. Eine Werbung für das Zukunftsforum, jenen auf zwei Jahre angelegten Prozess, mit dem der Münchner Erzbischof Reinhard Marx die Seelsorgestrukturen in seinem Bistum fit für die Zukunft machen möchte. Am 11. Oktober werden sich die 123 Delegierten, die vom Ordinariat ausgewählt wurden, zum ersten Mal auf dem Freisinger Domberg treffen. Ein Vertreter der Reformbewegung „Wir sind Kirche” ist nicht dabei. „Dabei hätten wir schon Ideen”, sagt Christian Weisner, Sprecher der Kirchenvolksbewegung, die nun vor der ersten Sitzung sieben „Denkanstöße” zum Projekt „Dem Glauben Zukunft geben” veröffentlicht hat.

Die Neustrukturierung der Seelsorge, warnen die Verfasser des Thesenpapiers, dürfe sich nicht nur an der Zahl der zur Verfügung stehenden Priester orientieren. Dies würde in absehbarer Zeit zur Errichtung von Mega-Pfarreien oder zu weit verstreuten Pfarreiengemeinschaften führen. „Wieviel Zeit bliebe dann einem Priester noch für die individuelle Seelsorge um die Familien, die Trauernden, die Kranken und Sterbenden zu betreuen?”, fragen die Verfasser, darunter die Münchner LiteraturwissenschaftlerinIrmgard Ackermann und der aus Bad Aibling stammende Theologe Edgar Büttner. Am Freitag wird sich auch der Katholikenrat der Region München mit dem Zukunftsprozess befassen.

„Wir sind Kirche” plädiert dafür, dass weiterhin haupt- und ehrenamtliche Laien auch in der Leitung der Seelsorge „wichtige Aufgaben übernehmen” – Marx hatte angekündigt, Diakone oder Pastoralreferenten künftig nicht mehr als Pfarrbeauftragte einsetzen zu wollen. Außerdem hofft „Wir sind Kirche”, dass die Teilnehmer auch über „grundlegende Reformen” sprechen, „ohne die viele brennende Probleme der Seelsorge nicht gelöst werden können” – etwa die Frage nach den Zulassungsbedingungen zum Priesteramt.

Zudem treibt die Verfasser die Sorge um, dass die Seelsorge in den künftigen Großpfarreien unpersönlicher wird. Dabei sei „der pastorale Nahbereich entscheidend für die Zukunft des Glaubens”, heißt es in dem Papier. „Die Gläubigen erwarten dort Stärkung und nicht Liquidation ihrer Strukturen.” Von Bedeutung sei auch, welche Sprache in diesem „Prozess der geistlichen Neuorientierung” gefunden werde, eine „Nähe zum Manager-Vokabular” stehe der Kirche nicht gut an. Insgesamt hoffe man auf einen „breiten Diskussionsprozess” und darauf, dass „die Beratung ergebnisoffen” geführt werde und nicht nur „der unverbindlichen Diskussion und endgültigen Bestätigung vorbereiteter Beschlüsse diene”.

Monika Maier-Albang

Zuletzt geändert am 25­.09.2008