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Veröffentlicht am 26­.02.2009

26.2.2009 - Naumburger Nachrichten / dpa

Hafenrundfahrt und Pius-Problem

Frühjahrsvollversammlung - Katholische Bischöfe treffen sich in Hamburg

HAMBURG/DPA. Erstmals in ihrer Geschichte kommt die Deutsche Bischofskonferenz nächste Woche in Hamburg zusammen. Die als «Tor zur Welt» bekannte Elbmetropole scheint symbolträchtig für die Problemthemen der Frühjahrsvollversammlung vom Montag bis Donnerstag (2. bis 5. März). Die 68 Geistlichen, die rund 25 Millionen Katholiken in Deutschland repräsentieren, werden im Rahmenprogramm ein Schiff chartern und gemeinsam eine Hafenrundfahrt machen. Das Bild aller Bischöfe in einem Boot erinnert an die biblische Überlieferung: Als Jesus am See Genezareth den Jüngern verhieß, sie sollten zu Menschenfischern werden. Um im Bild zu bleiben: Das Wasser schlägt derzeit für die Kirche hohe Wellen, es könnte den Bischöfen eher mancher Menschenfisch verloren gehen.

Das Verhalten des Vatikans und des Papstes in der Affäre um den Holocaust-Leugner Richard Williamson stößt Umfragen zufolge bei der großen Mehrzahl der Katholiken auf Unverständnis. Auch wenn das Thema Pius-Bruderschaft in der offiziellen Tagungsordnung nicht auftaucht, werden die Bischöfe in Hamburg darüber beraten, sagte der Sprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp.

«Zweifellos haben die Ereignisse dieser Wochen der katholischen Kirche geschadet», schrieb der Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, kürzlich in der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». «Sie haben den falschen Eindruck erweckt, die Kirche sei vorschnell um die Nähe finsterer Menschen bemüht und auf dem Weg zurück in die Vergangenheit.» Gemeint war damit die umstrittene Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe der erzkonservativen Priesterbruderschaft Pius X., darunter Williamson. Die Pius-Bruderschaft lehnt wichtige Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) ab. Zollitsch ist sich sicher, dass der Papst «alle Befürchtungen über eine kirchliche Restauration» zerstreuen wird.

«In den kirchentragenden Schichten gärt es schon», umschreibt Ulrich Ruh, Chefredakteur der theologischen Fachzeitschrift «Herderkorrespondenz» (Freiburg) die Stimmung. «Es wird den Bischöfen in Hamburg darum gehen, verlorenes Vertrauen der Gläubigen für Papst und Kirche zurückzugewinnen.» Der Weltjugendtag 2005 in Köln habe zwar Begeisterung für Benedikt XVI. bei einem Teil der jungen Christen gezeigt, «aber nicht in der Breite». «Jetzt müssen die Bischöfe alle tun, damit es nicht in eine Anti-Benedikt-Stimmung umschlägt».

Wie soll das gelingen? Nach Ansicht von Ruh werden die Bischöfe dem Papst den Rücken stärken in seiner Haltung gegenüber den Pius-Brüdern. Die Oberhirten sollten klar machen, dass die Pius-Brüder das Zweite Vatikanum vollständig anerkennen, das Problem Williamson lösen und den Papst anerkennen müssen, ehe sie voll in die Kirche zurückkehren könnten. Positiv sei, dass die deutschen Bischöfe «wie ein Mann» hinter dem Konzil stehen.

Auch für die Kirchenbewegung «Wir sind Kirche» geht es nicht allein um die Pius-Brüderschaft, die in Deutschland ohnehin nur wenige Anhänger hat, sondern um den künftigen Kurs der Kirche. Die deutschen und internationalen Theologenproteste zu Gunsten des Konzils müssten ernst genommen werden, fordert «Wir sind Kirche»-Sprecher Christian Weisner (Dachau).

Anlass für Spekulationen bietet die Tagesordnung der Frühjahrsvollversammlung. Es soll ein Dokument zur «Feier der Heiligen Messe» veröffentlicht werden, über das im Vorwege nichts verlautete. Bekannt ist, dass derzeit das deutsche Messbuch überarbeitet wird. Im Jahre 2006 hatte Rom angeordnet, dass die Übersetzungen neugefasst werden. Dabei sollen zwei theologisch zentral bedeutsame Wörter («pro multis») neu übersetzt werden: Jesus sei nicht mehr «für alle» Menschen gestorben, sondern künftig nur noch «für viele». Theologen halten das in letzter Konsequenz für einen Rückzug der Kirche in eine Art religiöse Wagenburg - nur die Gläubigen sollen gerettet werden. Ob das in Hamburg angekündigte Dokument hierzu Stellung beziehen wird, gilt es abzuwarten.

Offiziell im Mittelpunkt der Beratungen steht die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise. «Markt und Moral» gehören nach Auffassung von Zollitsch zusammen, der ein entsprechendes Berufsethos von Managern und Bankern fordert sowie neue Strukturen für ein gerechtes Weltwirtschaftssystem auch für die armen Ländern. Weitere Themen sind die Palliativversorgung und die Zukunft der Pflege.

Die Bischöfe sind bei einer Frühjahrsvollversammlung erstmals nicht in einem Kloster oder einer anderen kirchlichen Einrichtung untergebracht, sondern in dem Fünf-Sterne-Hotel Elysee. «Wir haben in Hamburg keine passende kirchliche Einrichtung», erläuterte Erzbistumssprecher Manfred Nielen. Der Hamburger Unternehmer und engagierte Katholik Eugen Block, Besitzer des Hotels und einer Steakhaus-Kette, habe von sich aus den Bischöfen das Domizil angeboten «zu einem Preis, den auch eine kirchliche Einrichtung kosten würde».

Zuletzt geändert am 26­.02.2009