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Veröffentlicht am 08­.03.2009

8.3.2009 - Schweizer Fernsehen

Katholiken protestieren gegen Papst-Politik

Demo in Luzern unter Motto: «Auftreten statt austreten»

Der mit dem Vatikan unzufriedene Teil der Katholiken hat in Luzern Position bezogen: 1500 Gläubige gaben demonstrierend ihrem Unmut Ausdruck, und Papstkritiker Hans Küng überreichte drei couragierten Männern einen Preis.

«Katholisch und kein bisschen leise» hiess es keck auf einem Transparent der Demonstration, die sich um 14 Uhr vor der Jesuitenkirche versammelte und zur Hofkirche zog. Ein anderes rief den Papst dazu auf, sich zu bewegen: «Papa mobil!»

Nach Ansicht der Demonstrierenden baut der Papst eine dogmatisch verengte, autoritäre und weltfremde Kirche auf. Aufgeben wollen die vom Vatikan Enttäuschten aber nicht. «Auftreten statt austreten: Wir sind eine offene Kirche», lautete das Motto der Kundgebung.

Dass sich Gläubige zu Demonstrationszügen formieren, kommt nicht oft vor. Zu einer Grosskundgebung war es 1990 gegen den ultra-konservativen Churer Bischof Wolfgang Haas gekommen. Auf diese Bewegung nahmen die Organisatoren in Luzern explizit Bezug.

Kritik am Entscheid zur Pius-Bruderschaft

Anlass der Luzerner Kundgebung war die Versöhnung des Papstes mit der ultra-konservativen Pius-Bruderschaft. Diese anerkennt das Zweite Vatikanische Konzil nicht.

Franziskanerpater Anton Rotzetter bezeichnete den Entscheid des Vatikans deshalb als Skandal. Der Papst müsse Garant des Konzils sein. «Das Konzil ist nicht verhandelbar», rief er in die applaudierende Menge, «genausowenig wie Menschenwürde und Ökumene».

Alt CVP-Nationalrätin Rosemarie Zapfl machte klar, welche Bedeutung das Konzil hat. Dieses habe die Gläubigen zu mündigen Menschen gemacht, sagte sie. Was ihr an der Kirche aktuell am meisten fehle, sei die Liebe, sagte die Zürcherin.

Martin Werlen, der Abt von Einsiedeln, war als Vertreter der Bischofskonferenz nach Luzern gereist, um die Anliegen der Basis entgegenzunehmen. Es sei positiv, dass es vielen nicht egal sei, was die Kirche tue, erklärte er.

Freiheitsfeuer neu entfacht

Seine Solidarität mit den Anliegen der Demonstrierenden bekräftige der Papstkritiker Hans Küng. Er war in Luzern, um als Präsident der Herbert-Haag-Stiftung «Für Freiheit in der Kirche» drei couragierte Männer auszuzeichnen.

Küng stellte an der Preisverleihung gemäss Redetext fest, dass das Feuer der Freiheit in der Kirche in den letzten Wochen wieder aufgelodert sei - und zwar ausgerechnet dank denen, die es auslöschen wollten. Übles könne auch Gutes gebären.

Mit dem Preis der Herbert-Haag-Stiftung ausgezeichnet wurden alt Bundesgerichtspräsident Giusep Nay, der Freiburger Theologe Leo Karrer und der Niederländer Hermann Häring. Sie hätten mit ihrem couragierten Verhalten dazu beigetragen, dass das Feuer der Freiheit in der Kirche in den letzten Jahren nicht erloschen sei.

(sda/hues)

Zuletzt geändert am 08­.03.2009