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Veröffentlicht am 12­.03.2009

12.3.2009 - Rheinischer Merkur

Die Linie ist klar, aber was hat Rom vor?

Das Nein zur Piusbruderschaft steht. Erzbischof Zollitsch wünscht sich von der Kurie eine bessere Kommunikation.

VON RUDOLF ZEWELL

Die Erklärung der deutschen katholischen Bischöfe zum Abschluss ihrer Frühjahrsvollversammlung spricht eine klare Sprache: Die Priesterbruderschaft St. Pius X. befinde sich „nicht in Gemeinschaft mit der katholischen Kirche, weil sie sich außerhalb der katholischen Tradition gestellt und die Einheit mit dem Papst aufgekündigt hat“. Damit drehen die Bischöfe den Spieß um und kontern mit der Tradition gegen die Traditionalisten. Sie, die bestimmen wollen, was kirchliche Tradition ist, werden nun aufgefordert, „die Glaubensüberzeugung der ganzen Kirche und besonders die Lehre der Päpste und Konzilien eindeutig zu bejahen und anzunehmen“. Und die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils gehören eben „unaufgebbar zur katholischen Tradition“. Es geht um die Texte zu Religionsfreiheit und Ökumenismus sowie die über die Kirche in der Welt von heute („Gaudium et spes“), in denen die Piusbruderschaft eine Aufweichung des Glaubens der Kirche sieht.

Was an dieser Erklärung, über die eindeutige Stellungnahme hinaus, aufhorchen lässt, ist die Sorge, die die Bischöfe angesichts der gegenwärtigen Krise bewegt. Die breite innerkirchliche Diskussion hinterlässt deutliche Spuren im Kirchenvolk. Ihren schärfsten Ausdruck fand die Auseinandersetzung in der von der Initiative „Wir sind Kirche“ angeschobenen und auch von Theologen unterzeichneten „Petition Vaticanum II“, in der von einer „klaren Richtungsanzeige“ durch Papst Benedikt XVI. gesprochen wird, die eine „Rückkehr von Teilen der römisch-katholischen Kirche in eine antimodernistische Exklave“ befürchten lasse. Der bayerische Episkopat wies dies umgehend zurück: Es sei der Versuch, Papst und Konzil gegeneinander auszuspielen.

Auch die Deutsche Bischofskonferenz geht offensiv auf die in vielen Gemeinden geäußerte Sorge und Unsicherheit ein, welchen Weg die Kirche gehen will: „Die theologischen und pastoralen Maßgaben vor allem des Zweiten Vatikanischen Konzils sind die selbstverständliche Grundlage unseres Bemühens, die Kirche in Deutschland geistlich zu erneuern und der Antwort des Glaubens auf die religiösen Fragen unserer Zeit in Wort und Tat neue Kraft zu verleihen.“

Freundliche Signale vom Rabbiner

Das neu erwachte Interesse an der Dynamik und der Orientierung des Konzils sehen die Bischöfe auch als Chance. Sie beklagen freilich, dass in den erregten Debatten der vergangenen Wochen manches verzerrt und polemisch dargestellt wurde, und weisen „spalterische“ Tendenzen in diese Richtung ebenso scharf zurück wie den Versuch, „das Ansehen und die Integrität des Papstes in Zweifel zu ziehen“. Und zum wiederholten Male wurde bekräftigt, dass nicht der geringste Verdacht des Antijudaismus oder Antisemitismus auf Benedikt XVI. falle. Die von gegenseitigem Respekt geprägten Gespräche höchster jüdischer Repräsentanten aus den USA und aus Israel mit dem Papst in diesen Tagen lassen einen solchen Verdacht ohnehin als absurd erscheinen.

Auch der Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz, der emeritierte Landesrabbiner Henry G. Brandt, der jetzt Rabbiner in Augsburg ist, sieht den katholisch-jüdischen Dialog auf einer stabilen Basis trotz der Irritationen der vergangenen Wochen, zu denen auch der umstrittene Vergleich zwischen dem Massenmord an den Juden und der millionenfachen Abtreibung von ungeborenen Kindern in Deutschland gehört. Auch wenn Bischof Walter Mixa diesen Vergleich nicht direkt gezogen hat, so hat er doch den medialen Wirkungsmechanismus aufgelöst. Der Bischof und der Rabbiner haben sich inzwischen ausgesprochen, so stand der „Woche der Brüderlichkeit“ in Augsburg nichts mehr im Wege.

Was mit Blick auf die Piusbruderschaft bleibt, ist freilich die Tatsache, dass der Holocaust-Leugner Bischof Williams noch immer dieser Gemeinschaft angehört und diese bisher offensichtlich auch nicht an seinen Ausschluss denkt. Für Verwirrung sorgte in diesem Zusammenhang ein Brief der vier Bischöfe der Piusbruderschaft an den Papst, der ihre Exkommunikation aufgehoben hat. Darin schreiben sie, es handle sich bei den Konzilstexten um „Lehren, die im Gegensatz stehen zum immerwährenden Lehramt der Kirche“. Es sei die Absicht der Bruderschaft, „dem Heiligen Stuhl dabei zu helfen, das richtige Mittel gegen den Glaubensverlust im Innern der Kirche zu finden“. Deshalb sollte der Dialog mit ihr aufgenommen werden. Das Schreiben mit Datum vom 29. Januar wurde jüngst in einer Zeitschrift der Piusbruder- schaft in Frankreich veröffentlicht. Ob es allerdings auch im Vatikan einging, ist unklar.

Pius-Priester sind verboten

Der deutsche Distriktobere der Piusbruderschaft, Pater Franz Schmidberger, hat auf die Erklärung der Bischöfe mit einer Gegenerklärung reagiert und unter anderem festgestellt: „Die deutsche Bischofskonferenz stellt als Bedingung die vollumfängliche Annahme des Konzils, also auch der strittigen und zweideutigen Punkte. Das bedeutet aber nichts anderes als den Dialog beenden, bevor er überhaupt begonnen hat. Wir sehen, dass die deutschen Bischöfe die umstrittenen Punkte des Konzils nicht zur Diskussion stellen wollen und Tabuzonen errichten.“ Besonders heftig reagiert die Priesterbruderschaft, dass gegen sie der Vorwurf erhoben wird, es gebe antisemitische Strömungen in ihren Reihen. Schmidberger erneuerte die von der Bischofskonferenz zurückgewiesene Einladung zu Gesprächen und wirft den Bischöfen vor, damit „gegen das Signal aus Rom“ zu sein.

Die Exkommunikation der vier Bischöfe hat der Papst aufgehoben, sie konnten damit als einfache Mitglieder in die Gemeinschaft der Kirche zurückkehren. Sie dürfen weder die Heilige Messe feiern noch andere Sakramente spenden, also auch keine Priesterweihen, wie sie für dieses Jahr in Deutschland geplant sind. Die Bischofskonferenz hat hier in ganzer Klarheit festgestellt, dass solche Weihen „gravierend gegen die Ordnung und das Recht der Kirche“ verstoßen. Dennoch spricht der deutsche Provinzobere von dem „unhaltbaren Vorwurf der unerlaubten Weihen“ durch die deutschen Bischöfe. Von Rom seien diese Weihen nie untersagt worden.

Für die deutschen Bischöfe liegt es am Heiligen Stuhl zu klären, ob die Piusbruderschaft bereit ist, das Zweite Vatikanum „eindeutig zu bejahen und anzunehmen“ – ohne Wenn und Aber. Die Erklärung wurde in einer nach außen hin demonstrativen Geschlossenheit abgegeben – ein Zeichen, dass sich der Episkopat in einer solch wichtigen Frage einig ist. Damit hat der Vorsitzende, Erzbischof Robert Zollitsch, Rückendeckung für seine Gespräche in Rom, zu denen er am Mittwoch aufgebrochen ist. Dort wird er auch über die beabsichtigten Weihen der Piusbruderschaft sprechen: „Wir werden den Apostolischen Stuhl um eine baldige Erklärung bitten, welche rechtlichen Folgen ein Bischof auf sich zieht, der sie vornehmen würde. Die Verantwortlichen in der Kurie sollten darüber hinaus rasch Verbesserungen im Bereich der internen Abstimmung und der Kommunikation mit den Bischofskonferenzen herbeiführen. Dies gilt besonders für Konfliktsituationen.“

Zuletzt geändert am 14­.03.2009