7.6.2009 - Tag des Herrn (Dresden) / Verlagsgruppe Bistumspresse
In der Kirche streiten
Man könnte aus der Entscheidung des höchsten Gerichtes in der katholischen Kirche, der Apostolischen Signatur, ein Politikum machen. Wer Anliegen der Bewegung „Wir sind Kirche" offensiv unterstützt, mache sich „unfähig für die Mitgliedschaft in kirchlichen Räten", heißt es in dem Dekret. Wie gesagt: Man könnte das hoch hängen, aber man muss es nicht.
Die meisten Bischöfe in Ländern, in denen es diese innerkirchliche Protest- und Reformbewegung gibt, tun das auch nicht. Sie wissen zwar, dass es in Kirchenvorständen und Pfarrgemeinderäten ihrer Bistümer - wie auch bei Priestern - mitunter eine ganze Reihe Katholiken gibt, die sich Anliegen der kritisierten Vereinigung zu eigen machen. Wie sehr oder in welchem Stil sie mehr Demokratie in der Kirche fordern, Bedenken am Pflichtzölibat äußern, die Ordination von Frauen fordern, oder Entscheidungen ihres Bischofs oder des Papstes kritisieren, ist eine andere Frage. Längst nicht alle Laien äußern sich so reflexartig und vorhersehbar wie „Wir sind Kirche". Außerdem gibt es jene, die in solchen Fragen gänzlich anderer Meinung sind. Die katholische Kirche ist eine recht bunte Gemeinschaft.
Dass der in Rom entschiedene Streit überhaupt so eskalierte, lag auch an den Konfliktparteien im Bistum Regensburg. Zudem ging es um eine Gremienreform, die so nur der dortige Bischof durchgesetzt hat. Uneins zu sein und sich mal zu streiten, ist ja an sich kein Vergehen. Auch Kritik an der Kirchenleitung nicht, zumal in einer Kirche, deren Oberhaupt die Vernunft so betont. Katholische Gläubige haben „das Recht und bisweilen sogar die Pflicht, ihre Meinung in dem, was das Wohl der Kirche angeht, den geistlichen Hirten mitzuteilen und ... den übrigen Gläubigen kundzutun", heißt es sogar im Kirchenrecht. Um strittige Fragen gesittet zu klären, gibt es in etlichen Diözesen Schiedsstellen oder ähnliche Einrichtungen. Sie vermitteln im Streit zwischen Gemeinden und Bistumsleitung, zwischen Laienvertretern und Klerikern. Die Kunst liegt - wie so oft - darin, den richtigen Weg zu finden: zwischen Willkürentscheidungen und Maulkörben einerseits sowie stetem Gemotze und Fundamentalopposition andererseits. Für Menschen von außen ist ein Großteil innerkirchlicher Auseinandersetzungen ohnehin von wenig Interesse. Was sie sehr wohl interessiert, sind der faire Umgangsstil und die Ehrlichkeit der Versöhnung am Ende.
Zuletzt geändert am 24.06.2009