20.10.2009 - Süddeutsche Zeitung
Streit um Abendmahl
Von Monika Maier-Albang
Die Reformbewegung „Wir sind Kirche” hat für den 2. Ökumenischen Kirchentag (ÖKT), der vom 12. bis 16. Mai 2010 in München stattfindet, ein gemeinsames Abendmahl für katholische und evangelische Christen gefordert. Das katholische Kirchenrecht lasse für besondere Anlässe solche Ausnahmen zu, sagte Christian Weisner, Sprecher von „Wir sind Kirche”. Gerade für Christen in konfessionsverschiedenen Ehen sei ein solches Signal der Ökumene überfällig.
Eine derartige päpstliche Befreiung, ein sogenannter Indult, vom sonst geltenden Ausschluss der evangelischen Christen von der katholischen Eucharistiefeier müsste vom Münchner Erzbischof Reinhard Marx beantragt werden, erläuterte Weisner. Beim 1. Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin hatte der katholische Priester Gotthold Hasenhüttl außerhalb des offiziellen Programms eine gemeinsame Abendmahlfeier mit evangelischen Christen geleitet. Infolge dieses Verstoßes gegen das Kirchenrecht war der Saarbrücker Theologe vom damaligen Trierer und heutigen Münchner Ortsbischof Reinhard Marx vom Priesteramt suspendiert worden. Hasenhüttl verlor auch seine kirchliche Lehrerlaubnis.
Weisner sagte, es gehe nicht darum, alle Unterschiede zwischen den Kirchen einzuebnen. Aber nur mit gemeinsamen Wortgottesdiensten ließen sich die Christen nicht länger „abspeisen”. Ob es in München wieder entsprechende Gottesdienste außerhalb des offiziellen Kirchentagsprogramms geben werde, ließ Weisner offen. Es gebe dafür keine Pläne. Er könne sich aber „Spontanaktionen” vorstellen. Der Kirchentag 2010 steht auch im Mittelpunkt der Bundesversammlung von „Wir sind Kirche”, die an diesem Wochenende (23. bis 25. Oktober) im katholischen Pfarrheim St. Maximilian (Deutinger Straße 4) stattfindet.
Der evangelische Landesbischof Johannes Friedrich sagte als Reaktion auf die Forderung der Kirchenvolksbewegung, er bitte „inständig darum”, kein gemeinsames Abendmahl während des Ökumenischen Kirchentags zu feiern. „Nach meiner Erfahrung gibt es keinen ökumenischen Fortschritt durch öffentlichen Druck – im Gegenteil: Das gemeinsame Abendmahl bei letzten ökumenischen Kirchentag hat der Ökumene geschadet!” Ökumenischen Fortschritt gebe es nur dann, wenn beide Kirchen aus freien Stücken Schritt für Schritt aufeinander zugingen. „Manchmal ist der eine schneller, der andere langsamer.” Aber dieses unterschiedliche Tempo müsse man respektieren. Das Abendmahl eigne sich nicht zur Provokation oder als kirchenpolitisches Druckmittel. Auch der Münchner Ordinariatsrat Armin Wouters, der auf katholischer Seite als bischöflicher Beauftragter für den ÖKT tätig ist, erteilte dem Wunsch der Kirchenvolksbewegung eine Absage: „Was wir im Gottesdienst feiern, müssen wir auch im täglichen Leben als Gemeinschaft unter uns Christen einlösen. Das können wir derzeit nicht, weil es mit Blick auf das päpstliche und bischöfliche Amt noch große offene Fragen gibt.” Man sei zwar „voller Hoffnung und Zuversicht”, dass sich vieles durch die gemeinsame ökumenische Arbeit bewegt – „aber bestimmt nicht bis zum Ökumenischen Kirchentag im Mai nächsten Jahres.”
Zuletzt geändert am 25.11.2009