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Veröffentlicht am 23­.02.2010

23.2.2010 - Süddeutsche Zeitung

Zollitsch entschuldigt sich

Nach Tagen des Schweigens redete der Vorsitzende am Montag Klartext: „Über die bekannt gewordenen Missbrauchsfälle bin ich zutiefst erschüttert”, sagte Robert Zollitsch, der Sprecher der deutschen Bischöfe, in Freiburg zum Auftakt der Bischofskonferenz. „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen ist immer ein abscheuliches Verbrechen. Ich entschuldige mich bei allen, die Opfer eines solchen Verbrechens wurden. Im Raum der Kirche wiegt der Missbrauch besonders schwer, weil es ein besonderes Vertrauen von Kindern und Jugendlichen in den Priester gibt.”

Zollitsch war heftig kritisiert worden dafür, dass er im Vorfeld der Bischofsversammlung jede Stellungnahme ablehnte und sein Amtsbruder Walter Mixa aus Augsburg mit der Aussage die Debatte beherrschte, die sexuelle Revolution sei mitverantwortlich für sexuellen Missbrauch. Man merkt an dem, was er sagt, dass er nun Unklarheiten beseitigen möchte. „Wo immer ein Verdacht vorliegt, muss es eine lückenlose und absolut transparente Aufklärung geben”, deshalb begrüße er, „dass sich der Jesuitenorden seiner Verantwortung stellt”. Der Verweis auf die Jesuiten ist ein Signal: Mancher Bischof hält die Härte der dortigen Ermittlungen gegen sich selbst für übertrieben.

Die 2002 verabschiedeten Leitlinien der Bischöfe zum Umgang mit sexuellem Missbrauch, die häufig als verbesserungswürdig kritisiert werden, hätten sich bewährt, sagt der Vorsitzende – und kündigt dennoch eine Überprüfung an; die Reformgruppen „Wir sind Kirche” und „Initiative Kirche von unten” zum Beispiel fordern, dass die Beauftragten für Missbrauchsfälle keine Kirchenmitarbeiter oder Personalchefs sein dürfen oder dass die Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften klarer geregelt wird als bisher.

Zollitsch kündigt noch weitergehende Schritte an: „Unsere künftigen Priester müssen menschlich und damit auch in sexueller Hinsicht über die Eignung und nötige Reife für ihr Amt verfügen”, sagt er, „dasselbe gilt für alle pastoralen und pädagogischen Mitarbeiter”. In der Kirche wie in der Gesellschaft wolle man „eine Kultur des aufmerksamen Hinschauens” fördern. An diesem Dienstag will die Konferenz ihr Vorgehen diskutieren, am Donnerstag die Ergebnisse verkünden. Am wahrscheinlichsten ist, dass die Konferenz eine Arbeitsgruppe bildet, die dann beraten soll, was an den Leitlinien zum Umgang mit Missbrauch verbesserungswürdig ist – ein Konflikt wäre so vermieden. Aber ob das genügt? Zollitsch jedenfalls sagte am Montagabend: „Mir ist das Thema so wichtig, dass ich unseren Papst Benedikt XVI. bei meinem Besuch im März von mir aus darauf ansprechen werde.” Matthias Drobinski

Zuletzt geändert am 24­.02.2010