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Veröffentlicht am 26­.03.2010

26.3.2010 - Main-Post

Rücktritt des Papstes gefordert

Österreichische Kirchenvolksbewegung geht weiter als die deutschen Reformkatholiken

Schwere Vorwürfe gegen Papst Benedikt XVI. hat die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ im Vorfeld ihrer Bundesversammlung in Würzburg erhoben. Ihr Sprecher Edgar Büttner aus dem Erzbistum München und Freising forderte mit Blick auf die zahlreichen Missbrauchsfälle, Papst Benedikt XVI. solle die Arbeit von Kardinal Joseph Ratzinger „kritisch anschauen“.

„Wo bleibt das Schuldbekenntnis?“, fragte Büttner. Papst und Bischöfe trügen die Verantwortung für die jahrelange Verdrängung der Verbrechen.

Der Vorsitzende der österreichischen Reformbewegung, Hans Peter Hurka, ging bei einem Pressegespräch in Würzburg weiter: Er forderte den Rücktritt des Papstes. Angesichts von Rücktritten irischer Bischöfe müsste Benedikt XVI. zurücktreten, wenn er konsequent wäre. Er habe Kenntnis von mehr als 300 Fällen von Pädophilie gehabt. Da stelle sich die Frage, ob er zum „Mittäter aus Nichtstun“ geworden sei.

Eine Forderung, die der Sprecher von „Wir sind Kirche“ in Deutschland, Christian Weisner, nicht teilen wollte. Er verwies auf die anstehende Bundesversammlung. Weisner äußerte aber Zweifel an der vom Vatikan bekannt gegebenen Zahl der Missbrauchsfälle. „Bis jetzt wird immer nur zugegeben, was am Tag vorher in der Zeitung stand.“

„Wir sind Kirche“ hat bereits 2002 ein Nottelefon eingerichtet, auf dem sich bis Anfang 2010 etwa 300 Opfer gemeldet hätten. Alleine in den letzten beiden Monaten seien 90 weitere Fälle dazugekommen.

Büttner kritisierte, die Kirchenleitung habe das Ausmaß des Missbrauchs nicht erkannt und nicht ernst genommen. Es genüge nicht, Täter zur Verantwortung zu ziehen. Vielmehr müssten die Ursachen in den Blick genommen werden: „die strikte Sexualmoral, ein überhöhtes männliches Priesterbild und autoritäre hierarchische Strukturen“.

„Die Moraltheologie muss aus ihren Fesseln befreit werden“, forderte Büttner. „Die Normen der Kirche – zum Beispiel bezüglich Sexualität außerhalb der Ehe, Empfängnisverhütung und Homosexualität – müssen überprüft und zeitgemäß formuliert werden.“ Der Zölibat ziehe auch Menschen mit einer unreifen und instabilen Sexualität an.

Die Kirche habe 2010 zum Priesterjahr ausgerufen. Gerade in diesem Jahr müsse sie eine Diskussion über den Zölibat beginnen. Wünsche des Kirchenvolkes dazu müssten die Bischöfe als „Stimme des Volkes Gottes“ in Rom vorbringen.

Die Kirchenvolksbewegung engagiert sich auch beim Ökumenischen Kirchentag im Mai in München. Nach dem Eklat wegen einer gemeinsamen Eucharistiefeier mit Protestanten beim Ökumenischen Kirchentag in Berlin 2003 will die Reformbewegung heuer eine „Mahlfeier unter der Leitung von Laien“ veranstalten. Man wolle nicht, dass wieder „Priester geopfert werden“, so Sprecherin Sigrid Grabmeier. 2003 hatte der Theologieprofessor Gotthold Hasenhüttl deswegen sein Amt verloren.

Die Bundesversammlung von „Wir sind Kirche“ tagt am Wochenende in Würzburg. Sie geht am Sonntag um 12 Uhr mit einer Mahnwache zum „Weltgebetstag für Frauenordination“ auf dem Marktplatz zu Ende.

Das Nottelefon von „Wir sind Kirche“:

(0180) 30 00 862; zypresse@wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 27­.03.2010