23.4.2010 - faz.net
„Dieses Kapitel ist noch nicht abgeschlossen“
Ungeachtet des Rücktrittsgesuchs des Augsburger Bischofs dringt das Zentralkomitee der deutschen Katholiken auf eine umfassende Aufklärung der Prügel- und Untreuevorwürfe. Die Reformbewegung „Wir sind Kirche“ appelliert an den Vatikan, in der Causa Mixa rasch über das Rücktrittsgesuch zu entscheiden.
Der Vorsitzende der bayerischen Bischofskonferenz, Erzbischof Reinhard Marx, hat vor einer Vorverurteilung des Augsburger Bischofs Walter Mixa gewarnt. Marx mahnte, nötig sei ein „objektiver Bericht, nicht nur Vorwürfe, die von den Medien vermittelt werden“. Mixa habe ihm versichert, dass auch er wünsche, dass die Prügel- und Untreue- Vorwürfe objektiv geklärt werden. Das müssten Fachleute tun. „Mit einer Bewertung der Vorgänge sollten wir uns also Zeit lassen, bis endgültige Ergebnisse vorliegen“, betonte der Erzbischof von München und Freising.
Zugleich gestand Marx ein, dass der Fall Mixa die Kirche belastet hat. Mixa hatte am Donnerstag beim Vatikan sein Rücktrittsgesuch eingereicht hatte und das nun Papst Benedikt XVI. entscheidne muss. sein Rück die Kirche belastet hat: „Es ist immer belastend, wenn ein Mitbruder in der Diskussion steht und angegriffen wird, manchmal zu Recht, manchmal auch zu Unrecht“, sagte er.
ZdK pocht auf Aufklärung
Ungeachtet des Rücktrittsgesuchs des Augsburger Bischofs Walter Mixa dringt das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) auf eine umfassende Aufklärung der Vorwürfe gegen Mixa. „Mit dem Rücktritt von Walter Mixa kann dieses Kapitel nicht abgeschlossen werden“, betonte ZdK-Präsident Alois Glück.
Glück sagte, die Vorwürfe im Fall Mixa müssten unbedingt aufgeklärt werden. „Sonst trägt man nur zu einer vergifteten Atmosphäre und zur falschen Mythenbildung bei“, sagte der ZdK-Präsident und CSU-Politiker.
Die Reformbewegung „Wir sind Kirche“ appellierte an den Vatikan, über Mixas Rücktrittsgesuch möglichst rasch zu entscheiden. Eine lange Hängepartie wäre den Katholiken im Bistum Augsburg nicht zuzumuten, sagte „Wir sind Kirche“-Sprecher Christian Weisner.
Der Vorsitzende des Augsburger Diözesanrats, Helmut Mangold, mahnte am Freitag zudem, nach der Entscheidung über das Rücktrittsangebot dürfe es dann nicht wieder ein Jahr dauern, bis ein neuer Bischof ernannt wird. Weisner betonte, ein rasches Votum Roms sei auch deshalb nötig, weil Mixa nicht nur als Augsburger Bischof, sondern auch als katholischer Militärbischof in Deutschland zurücktreten wolle. In der jetzigen schwierigen Lage in Afghanistan bräuchten die katholischen Soldaten und ihre Familien schnell wieder einen handlungsfähigen Militärbischof. „Auch deswegen muss man auf eine schnelle Entscheidung des Vatikans über Mixas Rücktrittsangebot hoffen“, sagte Weisner. Vor allem sei das die Kirche auch den Opfern schuldig.
Mixa hatte am Donnerstag gesagt, er wolle weiteren Schaden von der Kirche abwenden und im Bistum Augsburg einen Neuanfang ermöglichen. Er soll in seiner Zeit als Stadtpfarrer im oberbayerischen Schrobenhausen (1975 bis 1996) Heimkinder geschlagen haben. Mixa hatte dies zunächst geleugnet, dann aber doch „Ohrfeigen“ eingestanden Frühere Heimkinder werfen ihm in eidesstattlichen Erklärungen jedoch massive Prügelattacken vor. Mixa werden auch finanzielle Unregelmäßigkeiten in seiner Zeit als Stadtpfarrer angelastet. Bischof Mixa: Dubiose Geschäfte, heftige „Watsch'n“
Diözese entpflichtet Berater des Bischofs
In der Diözese wurde nach Mixas Rücktrittsgesuch unterdessen dem engem Berater des Bischofs Dirk Hermann Voß mit sofortiger Wirkung die Verantwortung für die Öffentlichkeits- und Medienarbeit entzogen. Diese Zuständigkeit übernahm Generalvikar Karlheinz Knebel. Voß bleibt aber unter anderem Geschäftsführer der Mediengruppe Sankt Ulrich Verlag.
Bundestagsvizepräsident und ZdK-Mitglied Wolfgang Thierse betonte, er hätte sich ein ehrlicheres Verhalten des Bischofs gewünscht: „Ich kenne Bischof Mixa nicht persönlich. Aber es ist offensichtlich eine Art Sonderbewusstsein eines katholischen Bischofs gewesen, der meinte, durch Amt, durch Weihe sei er etwas anderes als andere Menschen“, sagte der SPD-Politiker.
Dei Bundesvorsitzende der Grünen, Claudia Roth, die aus Augsburg stammt, sagte, sie hoffe, „dass mit dem Mixa-Rückzug“ ein Neubeginn im Bistum Augsburg und in der Deutschen Bischofskonferenz möglich ist“ - mit anderen Positionen und einem anderen Umgang mit Konflikten. Das Rücktrittsgesuch sei sicher „im Sinne von vielen katholischen Gläubigen und Geistlichen“, werde aber nicht ausreichen. „Die Verfehlungen, über die seit Wochen berichtet wird, müssen weiter mit großem Nachdruck aufgeklärt werden. Mixa darf nicht das Bauernopfer für alle anderen sein“, warnte Roth. Sie hoffe sehr, „dass man in Augsburg endlich die Kraft findet, wieder ein liberaleres Bistum zu schaffen“.
Zuletzt geändert am 24.04.2010