| |
Veröffentlicht am 15­.05.2010

15.5.2010 - epd

Menschenkette und "inoffizielle" Mahlfeier - Streit um gemeinsames Abendmahl beim Kirchentag

München (epd). Kurz vor Abschluss des 2. Ökumenischen Kirchentags in München haben mehrere hundert katholische und evangelische Christen einen "inoffiziellen" gemeinsamen Abendmahlsgottesdienst außerhalb des Programms gefeiert. Die Predigt am Samstagabend hielt der Kirchenkritiker und katholische Theologe Gotthold Hasenhüttl. Zuvor hatten Reformgruppen mit einer Menschenkette ebenfalls außerhalb des Kirchentagsprogramms in der Münchner Innenstadt für ein gemeinsames Abendmahl von Katholiken und Protestanten demonstriert. Daran nahmen den Angaben der Veranstalter zufolge mehr als 2.000 Menschen teil.

Katholiken ist der Empfang des Abendmahls in einer evangelischen Kirche nicht gestattet. Nach katholischer Lehre wird in den evangelischen Kirchen dieses Sakrament nicht gültig gespendet. In den evangelischen Landeskirchen gibt es die Praxis, alle Getauften einzuladen.

Nach Ansicht des evangelischen Kirchentagspräsidenten Eckhard Nagel hat durch den Kirchentag "die Ökumene in Deutschland ein neues Gesicht bekommen". Dazu gehöre auch die Tischgemeinschaft, sagte Nagel im Abschlussgottesdienst mit Blick auf eine orthodoxe Vesper mit gesegnetem Brot am Freitagabend: "Das Bild der 1.000 Tische geht in die Welt und wird die weitere ökumenische Entwicklung entscheidend voranbringen, davon sind wir überzeugt." Es seien nicht die Kirchen, die an den Tisch einladen, "sondern Christus selbst. Und in Christus sind wir eins."

Der katholische Kirchentagspräsident Alois Glück sagte: "Wir stehen in der Nachfolge Jesu. Wir können seinen Wunsch nach Einheit nicht überhören." Vieles sei schon erreicht worden im ökumenischen Dialog: "Aber wir müssen mutiger voranschreiten. Insbesondere denke ich an die konfessionsverbindenden Ehen. Dort leiden viele Menschen schmerzlich daran, dass sie keine Eucharistiegemeinschaft haben." Glück appellierte an alle, die in Theologie und Kirche Verantwortung tragen: "Wir brauchen hier dringend eine Lösung!"

Die "inoffizielle" ökumenische Abendmahlsfeier fand in einem überfüllten Hörsaal der Technischen Universität statt. Ein kirchlicher Raum konnte nicht gefunden werden. Der 76-jährige Hasenhüttl empfing selbst das Abendmahl und teilte es danach auch aus. Er hatte bereits am Rande des 1. Ökumenischen Kirchentags 2003 in Berlin gegen geltendes katholisches Kirchenrecht evangelische Christen zur Kommunion eingeladen. Daraufhin wurde er vom Priesteramt suspendiert. Drei Jahre später folgte der Entzug seiner kirchlichen Lehrerlaubnis. Kirchliche Reformgruppen hatten die Aktion als "Privatinitiative" bezeichnet.

Ebenfalls am Samstagabend feierten Christen aus unterschiedlichen evangelischen Kirchen ein Abendmahl in "versöhnter Verschiedenheit". In seiner Predigt betonte Pawel Gajewski, Pfarrer der zu den reformierten Kirchen zählenden Waldenser, dass in der Ökumene die einzelnen Kirchen ihr jeweiliges theologisches Profil klar und deutlich definieren müssten. Der im Kirchentagsprogramm aufgeführte Gottesdienst war von der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa organisiert. Die Liturgie gestalteten Bischöfin Rosemarie Wenner von der Evangelisch-methodistischen Kirche und der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich, der auch Leitender Bischof der Vereinigten Evangelischen Kirche Deutschlands ist.

Zuletzt geändert am 04­.06.2010