11.6.2010 - MDR aktuell
Papst bittet Missbrauchsopfer um Vergebung
Vor rund 15.000 Priestern auf dem Petersplatz in Rom verteidigte der Papst zugleich das Priesteramt. Dieses sei nicht einfach ein Amt, sondern Sakrament. Gott bediene sich mit dem Priester "eines armseligen Menschen", um "durch alle menschliche Schwachheit hindurch seine Liebe in dieser Welt praktisch werden" zu lassen. Wenn Geistliche dann aber Minderjährige sexuell missbrauchten, werde diese Aufgabe "in ihr Gegenteil verkehrt". Der Papst kündigte an, die Kirche werde sich künftig verstärkt für eine angemessene Ausbildung der Geistlichen engagieren und sie "auf ihrer Reise begleiten". Die Kirche verstehe die Missbrauchsskandale als "Auftrag zur Reinigung, der uns in die Zukunft begleitet". Zuvor hatte der Papst noch einmal das in die Kritik geratene Eheverbot für katholische Priester verteidigt. Die heutige Gesellschaft würde den Zölibat als großen Skandal empfinden. Er sei aber das "beste Gegenmittel gegen andere Skandale, die durch unsre menschlichen Unzulänglichkeiten verursacht werden", erklärte der Papst.
Kritik von Christen und Opfervereinigung
Bei der christlichen Bewegung "Wir sind Kirche" stießen die Äußerungen des Papstes auf Kritik. Sigrid Grabmeier vom Bundesteam der Kirchenvolksbewegung sagte der "Leipziger Volkszeitung", die Bitte um Vergebung sei überfällig, reiche aber bei weitem nicht aus. "Der Papst will oder kann nicht einsehen, dass die Missbrauchsfälle sehr stark mit den totalitären Strukturen zu tun haben." Offenbar sei die eigentliche Motivation der Ansprache die Verteidigung des Priestertums. Sie klinge wie ein Hilferuf, dass die Grundfeste des Priestertums ins Wanken geraten seien, sagte Grabmeier. Eine Vereinigung von Missbrauchsopfern nannte die Papst-Entschuldigung "enttäuschend und gefährlich". Joelle Casteix vom Netzwerk der überlebenden Missbrauchten meinte, das, was der Papst gesagt habe, diene nicht dazu, "die Kinder jetzt zu schützen".
Zuletzt geändert am 11.06.2010