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Veröffentlicht am 31­.08.2010

31.8.2010 - AFP

Bischöfe wollen Missbrauchsfälle schneller anzeigen

Trier/Berlin — Die katholische Kirche in Deutschland will als Konsequenz aus ihrem Missbrauchsskandal enger als bisher mit der Staatsanwaltschaft kooperieren. Eine von vielen Opfern geforderte finanzielle Entschädigung sehen die vom Trierer Bischof Stephan Ackermann vorgestellten neuen Leitlinien zum Umgang mit Missbrauchsfällen aber nicht vor. Die ab sofort geltenden Leitlinien sollen vor allem Kinder besser schützen.

Nach dem Bekanntwerden zahlreicher Fälle sexuellen Missbrauchs am von Jesuiten geführten Berliner Canisius-Kolleg sowie an anderen kirchlichen Einrichtungen war der Kirche auch vorgeworfen worden, nicht gut genug mit den Strafverfolgern zusammen zu arbeiten. Unter dem Druck zahlreicher Kirchenaustritte und begleitet von Kritik aus der Politik hatte sich die Bischofskonferenz entschlossen, ihre erst 2002 veröffentlichten Leitlinien zu überarbeiten.

Nach den neuen Leitlinien wollen die Bischöfe nun schneller als bisher die Ermittler einschalten. Nur auf ausdrücklichen Wunsch des Opfers und falls dieses rechtlich zulässig ist, soll bei Missbrauchsfällen auf eine Anzeige verzichtet werden. Falls womöglich eine Anzeige im Interesse anderer Opfer wäre, sollen die Ermittler in jedem Fall alarmiert werden.

Keine Regelung sehen die Leitlinien für eine etwaige finanzielle Entschädigung von Opfern vor. Für die Bischofskonferenz sei hier eine abgestimmte Regelung durch den von der Regierungsbeauftragten Christine Bergmann geführten Runden Tisch "richtig und wichtig", da ansonsten eine ungleiche Behandlung neue Ungerechtigkeiten für die Opfer bewirken könne. Die Bischofskonferenz werde sich aber dafür einsetzen, dass die Entschädigungsfrage "vorrangig" behandelt werde, sagte Ackermann.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) erklärte in Berlin, die Leitlinien ließen "das Bemühen erkennen, aus den Schwächen der alten Richtlinien die richtigen Lehren zu ziehen". Auch Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) begrüßte die neuen Richtlinien. "Die frühzeitige Einschaltung staatlicher Verfolgungsbehörden und zum Beispiel des Jugendamtes ist ein notwendiger und richtiger Schritt", erklärte sie. Positiv sei auch die Einrichtung einer festen Anlaufstelle für Opfer von sexueller Gewalt und deren Angehörigen.

Annegret Laakmann, Sprecherin der amtskirchenkritischen Gruppe Wir sind Kirche, nannte die Leitlinien lediglich "kleine Schritte". Vor allem um das Thema Entschädigungsfragen hätten sich die Bischöfe "rumgedrückt".

Zuletzt geändert am 01­.09.2010