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Veröffentlicht am 17­.09.2010

17.9.2010 - Frankfurter Neue Presse

Geld für Missbrauchsopfer

Die katholische Kirche steckt weiter in der Krise. Beim Treffen der deutschen Bischöfe in Fulda steht das Thema sexueller Missbrauch von Montag an wieder auf der Tagesordnung - nur ein Problem von vielen. Kirchen-Reformer fordern Entschädigungen für die Opfer.

Fulda. Der Skandal um sexuellen Missbrauch unter dem Dach der katholischen Kirche verfolgt die deutschen Bischöfe weiter. Zwar wurden Ende August verschärfte Leitlinien vorgestellt, um künftig Übergriffe zu vermeiden. Doch die Frage finanzieller Entschädigungen der Opfer steht weiter im Raum. Die Deutsche Bischofskonferenz lehnte dazu vor der am Montag in Fulda beginnenden, traditionellen Herbst- Vollversammlung jeglichen Kommentar ab. Man wolle den Beratungen nicht vorgreifen. Sorgen machen dürften den Oberhirten auch noch zahlreiche andere Krisenthemen.

Klare Position bezieht hingegen die Kirchenvolksbewegung «Wir sind Kirche». Sie fordert finanzielle Entschädigungen für Opfer, die von Geistlichen oder Kirchenmitarbeitern gepeinigt wurden. Aber: «Die Bischöfe sperren sich bei diesem Thema», kritisierte Christian Weisner vom Bundesteam der Organisation am Freitag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Um die Entschädigungsfrage sollten sich die Bischöfe «nicht herummogeln», forderte er vor dem mit Spannung erwarteten Treffen in Fulda. Kosten für therapeutische Hilfen werden von der Kirche bereits beglichen.

Die Bischöfe hielten sich unter anderem wohl bedeckt, weil sie immense finanzielle Folgen fürchteten, sagte Weisner. «Das wird sehr teuer, und man muss viel Geld in die Hand nehmen. Deswegen zieren sich die Bischöfe. Das Geld fließt auch in der katholischen Kirche nicht in Strömen.» Die Bischofskonferenz sieht er nun unter Zugzwang. Jüngst hatte auch der Jesuitenorden in Deutschland Opfern sexueller Gewalt Entschädigungen signalisiert - auch wenn katholische Bischöfe das bisher anders sehen.

Bei der Entschädigungsfrage türmen sich viele Probleme auf: Wie leistet man den Versuch einer Wiedergutmachung? Per Pauschalsumme? Zwischen 5000 und 10 000 Euro, wie es die Opferschutz-Organisation Weißer Ring erwartet? Für welche Missbrauchsschwere wie viel Geld? Und die moralische Crux: Kann man sich aus der Schuld herauskaufen?

Zu alledem herrscht Schweigen bei der Bischofskonferenz vor der Zusammenkunft in Fulda. Der DBK-Missbrauchsbeauftragte, Bischof Stephan Ackermann (Trier), wollte im Vorfeld kein Interview zu dem heiklen Thema geben. Am Donnerstag erst will der Vorsitzende, Erzbischof Robert Zollitsch (Freiburg), Stellung nehmen zu den Beratungen zum Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger.

Die Reformbewegung «Wir sind Kirche» fürchtet, dass die neuen Leitlinien zu lasch sein könnten. «Das ist ein Fortschritt mit Einschränkungen. Das Problembewusstsein in den Bistümern ist sehr unterschiedlich ausgeprägt», beobachtet Weisner. Die Leitlinien reichten bei weitem nicht aus, den unermesslichen Vertrauensschaden zu beheben, den die jahrzehntelang praktizierte Vertuschung sexualisierter Gewalt für die Kirche verursacht habe. Ob die überarbeiteten Vorschriften wirken werden, müsse sich noch erweisen.

Über den Missbrauchsskandal hinaus sieht die Reformbewegung die katholische Kirche in Deutschland in einer «tiefen Krise». Der Mitgliederschwund, gesunkene Steuereinnahmen, der Priestermangel, das Zölibat, die Rolle der Frau in einer modernen katholischen Kirche - alles Probleme, die laut Weisner dringend gelöst werden müssen. Die Not sei groß. Stattdessen sehe er nur ein «Weiterwurschteln der Bischöfe hinter verschlossenen Türen».

Sprechen wollen die Bischöfe in der kommenden Woche noch über weitere schwierige Themen. Es geht unter anderem um die Kirchenfinanzierung und die Haltung der Bischöfe zum bundesweit freiwilligen Zivildienst.

http://www.fnp.de/fnp/welt/politik/geld-fuer-missbrauchsopfer_rmn01.c.8207635.de.html

Zuletzt geändert am 18­.09.2010