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Veröffentlicht am 24­.09.2010

24.9.2010 - Main-Post

„Leben lebt vom Aufbruch“

(as) Im Westen, hinter den Türmen vom Hohen Dom zu Fulda, gab es nichts Neues: Der Himmel strahlte im schönsten Abendrot. Drinnen zelebrierten die deutschen Bischöfe die Abschlussandacht ihrer Herbstvollversammlung, stimmten „Großer Gott, wir loben dich“ an. Doch östlich der Domfassade bewegte sich etwas. Von fern sangen Demonstranten „Caminando va – Leben lebt vom Aufbruch“.

Es lag eine friedliche, sommerliche Atmosphäre über der Szenerie. Doch die rund 100 Sängerinnen und Sänger hielten Transparente hoch: „Wir prangern an“, „Wir sind Kirche“, „Gemeinden brauchen SeelsorgerInnen statt Manager“, „Wo ist ein Bischof mit Mut zu Reformen?“. Sie warteten auf das Andachtsende und einen Dialog mit den Bischöfen. Doch sie warteten vergeblich.

Trotzdem ziehen die Organisatoren von Mahnwache und Donnerstagsgebet positiv Bilanz. „Wir haben nicht mit so großem Medieninteresse gerechnet“, sagte Marion Baron, Pressesprecherin des Hammelburger Aktionskreises „Kirche in Bewegung“ (KiB). Gemeinsam mit der reformkatholischen Bewegung „Wir sind Kirche“ hatte KiB eingeladen. Die Gläubigen demonstrierten und beteten für Aufhebung des Pflichtzölibats und Kirchenreformen. Dafür hatte KiB bundesweit 11 850 Unterschriften gesammelt und dem Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz überreicht (wir berichteten). „Bischof Hofmann berichtet uns immer wieder von ihren Aktionen“, bekannte Pater Langendörfer. Doch der Bischof ließ sich bei seinen Schäfchen nicht blicken.

Zur Mahnwache, eine dreiviertel Stunde vor Beginn der Abschlussandacht, reiste ein Bus mit 60 Gläubigen von zehn bis 80 Jahren aus Hammelburg an. Ein Kamerateam des BR begleitete sie und viele Medienvertreter warteten schon. Diskussionen gab es mit Passanten. „Ihr erreicht ja doch nichts“, sagte eine ältere Dame. „Ich finde eure Aktion toll, weiter so“, urteilte ein Dreißigjähriger.

Fast übertönten die Domglocken das Donnerstagsgebet. „Immer, wenn die Bischöfe da sind, läuten die Glocken 20 Minuten vorher“, wischt ein Sicherheitsbeamter die Absichtsvermutungen vom Tisch.

„Diese Kirche mit ihren 2000 Jahren hat es verdient, dass man sie nicht aufgibt“, eröffnete Marion Baron das Gebet. Annemarie Fell verwies auf Jesus, der Ungerechtigkeiten anprangerte, kein Zölibat forderte sowie Frauen und Männern gleichstellte. Gläubige hielten Windrädchen in die Höhe, als Zeichen, dass sie etwas bewegen wollen.

Mit Liedern, dem Hand-in-Hand gebeteten Vater-unser und Segensworten endete das „Donnerstagsgebet“ in Fulda: „Begleite uns, alle Menschen in unseren Herzen, aber auch die, mit denen wir uns schwer tun.“ Als die Bischöfe aus dem Dom ausziehen, entrollen die Hammelburger spontan ihre Transparente, im genehmigten Abstand zum Dom. Die Bischöfe äugen herüber, doch die Distanz ist einfach zu groß.

Zuletzt geändert am 26­.09.2010