2.11.2010 - Main-Post
HAMMELBURG Donnerstagsgebet: Reformer vernetzen sich stärker
„Um der Glaubwürdigkeitskrise der katholischen Kirche in der Gesellschaft entgegenzuwirken, bedarf es deutlicher und längst überfälliger Schritte“, formulieren zwölf Kirchenreformbewegungen als Ergebnis ihres Kirchenreformataktionstags in Hammelburg.
Am Anfang stand auf Einladung der Hammelburger Initiative Kirche in Bewegung (KIB) das gegenseitige Kennenlernen: Ganz unterschiedliche Anlässe hatten zur Gründung der Initiativen geführt. Von der Auflösung von Laiengruppen über den Umgang mit Homosexuellen in der Kirche bis zur Ernennungspraxis von Bischöfen oder den Zölibat. Jetzt sollen die Interessen gebündelt und eine Vernetzung vorangetrieben werden. Der Reformaktionstag könne zu einer festen Einrichtung werden, vielleicht sogar jedes Jahr in Hammelburg.
Die Reformbewegungen rufen alle Christen auf, sich ihrer eigenen Charismen und Mündigkeit bewusst zu werden und das Geschick der Gemeinden in die eigene Hand zu nehmen. Als spirituelle Basis, so heißt es in einer verabschiedeten Resolution, wird eine Verbreitung des Hammelburger Donnerstagsgebets unterstützt, das reformwillige Christen auf Gemeindeebene sammeln will. So soll für die Öffentlichkeit und die Kirchenleitungen deutlich werden, dass eine breite Kirchenbasis Reformen der katholischen Kirche unterstützt.
Gefordert wird ein Dialog auf Augenhöhe mit den Bischöfen und eine stärkere Einbindung von Laien. Es liege in der Verantwortung der Bischöfe, der Kirche durch Reformen neue Glaubwürdigkeit zu schenken. Außerdem wollen die Reformbewegungen Priester ermutigen, sich zu ihrer Arbeitssituation zu äußern und mit den Christen an einer Lösung der strukturellen Probleme mitzuarbeiten.
„Die erklärte Dialogbereitschaft ist vielleicht nur eine Hinhaltetaktik“, sagt Reinhard Beichel von KIB. Bei der Rolle von Frauen und Laien in der Kirche sei man schon weiter gewesen. Es brauche endlich andere Ergebnisse, als eine Re-Klerikalisierung. Man müsse Priestern auch andere Lebensentwürfe zubilligen. „Die Guten gehen sonst“, gibt Beichel zu bedenken.
„Ich bin nicht als Spion hier“, sagt Domkapitular Christoph Warmuth zu seiner Rolle als Besucher am Rande der Veranstaltung. Er wolle aber die Stimmung weitergeben. Die Themen seien ja nicht neu. Allerdings hätte das Gros der unterfränkischen Gemeinden andere Probleme.
Warmuth kann sich eine Abschaffung des Zölibats genauso vorstellen, wie andere Modalitäten bei der Ernennung von Bischöfen. „Aber ich habe keine zeitliche Perspektive und erwarte keine schnellen Veränderungen“, sagt er. Das Ganze hänge von der Meinungsbildung bei der Bischofskonferenz ab. Klar sei, dass die Themen nicht unter den Teppich gekehrt werden können.
Hammelburgs Pfarrer Christian Müssig freut sich, dass Hammelburg Gastgeber für die Initiativen ist und erkennt ein sehr offenes Gesprächsklima. „Es ist gut, zu erfahren, was die Gruppen meinen und was nicht“. Es sollten keine Gruppen ausgegrenzt werden.
In Anlehnung an den Anschlag der Kirchenthesen durch Martin Luther werden im abschließenden Gottesdienst mit zehn Konzelebranten vom Kirchenportal her Fürbitten auch für einen menschlicheren Umgang mit Priestern vorgetragen. Zum Auftakt beschwört die Musikgruppe Taktwechsel mit einem Kanon den Dialog unter allen Beteiligten.
Doch dieser Dialog erfasst nicht die ganze Gemeinde. Einzelne Katholiken diskutieren gleichzeitig auf dem Vorplatz. Sie seien Teil der schweigende Mehrheit der Gemeinde St. Johannes, denen die Reformwünsche von Kirche in Bewegung zu weit gingen. Das Bild in der Gemeinde sei differenzierter, als es die Erklärungen von KIB vermuten ließen.
Von unserem Redaktionsmitglied WOLFGANG DÜNNEBIER
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Zuletzt geändert am 02.11.2010