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Veröffentlicht am 16­.11.2010

16.11.2010 - extremnews

Umstrittener Theologe Hasenhüttl verlässt katholische Kirche

Der umstrittene Saarbrücker Theologe Gotthold Hasenhüttl ist aus der katholischen Kirche ausgetreten. "In der Institution Kirche geht es nicht um den einzelnen Menschen, es geht auch nicht um theologische Impulse, sondern um eine starre, fundamentalistisch orientierte Institution", sagte der 76-Jährige der Saarbrücker Zeitung.

Er betonte aber, er habe nur die Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts verlassen. In einem Brief an den Trierer Bischof Stephan Ackermann schreibt Hasenhüttl, es sei "selbstverständlich, dass ich die Katholische Kirche als Glaubensgemeinschaft nicht verlasse". Dabei beruft er sich auf den "Päpstlichen Rat für die Gesetzestexte", der 2006 betont hatte, dass ein bloß formaler Kirchenaustritt noch keinen Abfall vom Glauben darstellt. Hasenhüttl hatte seinen Austritt bei der Stadt Saarbrücken bereits am 28. September erklärt. In seiner Austrittserklärung bezeichnet er sich selbst als "persona non grata" (unerwünschte Person), die "ausschließlich als Kirchensteuerzahler willkommen" sei. Nachdem der Theologie-Professor 2003 die Kommunion an Protestanten verteilt hatte, war er vom Priesteramt suspendiert worden. Der damalige Trierer Bischof Reinhard Marx entzog ihm 2006 außerdem die kirchliche Lehrerlaubnis. Hasenhüttl schreibt an Bischof Ackermann: "Sollte es sich zeigen, dass die Katholische Kirche als Institution sich wieder voll an Jesu Froher Botschaft orientiert, werde ich gerne in ihr meinen Platz wieder suchen."

Wir sind Kirche: Ein mahnender und gleichzeitig verständlicher Schritt

Als mahnenden und gleichzeitig verständlichen Schritt sieht die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche den Austritt von Prof. Dr. Dr. Gotthold Hasenhüttl aus der römisch-katholischen Kirche als Körperschaft öffentlichen Rechts.

Nach der Gnadenlosigkeit, die ihm in den letzten sieben Jahren seitens der Institution wiederfahren ist, ist es nachvollziehbar, dass der Saarbrücker Theologe diesen Schritt am 28. September 2010 vollzogen hat, wie heute bekannt wurde. Der damalige Trierer Bischof und designierte Münchner Kardinal Dr. Reinhard Marx hatte Prof. Hasenhüttl im Sommer 2003 vom Priesteramt suspendiert und im Januar 2006 auch die kirchliche Lehrerlaubnis (Nihil obstat) entzogen, weil dieser am Rande des 1. Ökumenischen Kirchentags 2003 in Berlin bei einer Eucharistiefeier in der Gethsemanekirche auch evangelische Christinnen und Christen zur Kommunion eingeladen hatte.

Die von Hasenhüttl genannte Begründung, dass die Hierarchie der römisch-katholischen Kirche das Ansehen der Institution über den konkreten Menschen stellt und eine echte Ökumene nicht anstrebt, ist eine sehr ernst zunehmende Anfrage – besonders im Jahr des 2. Ökumenischen Kirchentages und in dem Jahr, in dem das jahrzehntelange Vertuschen sexualisierter Gewalt durch die Kirchenleitung das Vertrauen von so vielen Gläubigen erschüttert hat.

Wir sind Kirche begrüßt, dass Prof. Hasenhüttl, wie er es auch dem Trierer Bischof Dr. Stefan Ackermann mitgeteilt hat, selbstverständlich nicht die Glaubensgemeinschaft der Katholischen Kirche verlässt. Unter Bezug auf den Kirchenvater Augustinus begründet Prof. Hasenhüttl dies mit der Definition des Katechismus nach den Beschlüssen des Konzils von Trient (Pars Prima, Cap. X,II): „Ecclesia est populus fidelis per universum orbem dispersus“. („Kirche ist das gläubige Volk, das auf der Welt verstreut lebt.“)

Mit seinem Austritt aus der Kirchensteuergemeinschaft folgt Hasenhüttl dem Beispiel von Prof. Hartmut Zapp aus Freiburg, der den selben Schritt bereits im Jahr 2007 vollzogen hat, und von Dr. Andreas Janker aus Regensburg im Jahr 2010. Für die deutsche Kirche wird die Frage immer virulenter, welche Bedeutung das vatikanische Schreiben des „Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte“ von 2006 hat, das – wie Hasenhüttl – zwischen der Kirche als „Leib Christi“ und der juristischen Körperschaft unterscheidet.

Prof. Hasenhüttl wird, wie bereits vor Monaten vereinbart, bei der nächsten Bundesversammlung der KirchenVolksBewegung vom 25. bis 27. März 2011 in Fulda zusammen mit Prof. Dr. Heribert Franz zum Thema „Menschenrechte in der Kirche“ referieren.


Chronologie der „Straftat“ von Prof. Hasenhüttl am Rande des 1. Ökumenischen Kirchentags in Berlin 29. Mai 2003: Hasenhüttl feiert in der Gethsemane-Kirche in Berlin einen ökumenischen Gottesdienst mit Eucharistiefeier nach katholischem Ritus und offener Kommunion, der u.a. vom Ökumenischen Netzwerk „Initiative Kirche von unten“ und der KirchenVolksBewegung vorbereitet und gestaltet war.
17. Juli 2003: Der Trierer Bischof Dr. Reinhard Marx suspendiert Hasenhüttl von seinem Priesteramt, das er 44 Jahre ausgeübt hatte, da er sich weigert, die Einladung evangelischer Christen und Christinnen zum Herrenmahl zu bereuen. Dabei kündigt Marx bereits an, auch die kirchliche Lehrerlaubnis entziehen zu wollen.
18. Juli 2003: Hasenhüttl legt gegen das Vorgehen Berufung beim Hl. Stuhl in Rom ein.
3. Juni 2004: Kardinal Ratzinger bestätigt den Entscheid des Bischofs von Trier.
4. Juni 2004: Hasenhüttl nimmt die kirchenrechtliche Möglichkeit wahr, Einspruch bei der Glaubenskongregation zu erheben.
4. Dezember 2004: Hasenhüttl erhält das endgültige Dekret der Glaubenskongregation zu seiner Suspendierung. Darin wird die Einladung evangelischer Christen und Christinnen zur Eucharistie als „Straftat“ bezeichnet, sowie sein Tun als „schwerwiegender Missbrauch“ des Amtes. Nur wenn er bereue und verspreche, es nie wieder zu tun, würde die Suspendierung aufgehoben.
2. Januar 2006: Bischof Reinhard Marx, der jetzige Erzbischof und designierte Kardinal von München und Freising, sieht sich zu einer weiteren Strafmaßnahme gezwungen und entzieht Gotthold Hasenhüttl das Nihil obstat und damit die kirchliche Lehrerlaubnis.


Quelle: Saarbrücker Zeitung / Wir sind Kirche

Zuletzt geändert am 16­.11.2010