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Veröffentlicht am 19­.11.2010

19.11.2010 - Abendzeitung München

24 neue Kardinäle: Der Papst bestellt sein Feld Papst Benedikt XVI.

Mit der „Kreierung“ neuer Purpurträger sorgt das Kirchenoberhaupt für die Fortführung konservativer Traditionen – auch für die Wahl seines Nachfolgers. Auch München hat wieder einen Kardinal.

ROM - Zum Beispiel Reinhard Marx. Der Münchner Erzbischof, dem am Samstag die Kardinalsinsignien überreicht wird, ist – trotz seiner Volksnähe – ein stramm Konservativer. Zölibat, Frauenordination oder mehr Rechte und Mitsprache für die Laien – das ist mit dem 57-Jährigen nicht zu machen. Das feste Eintreten für die römisch-katholischen Positionen dürften es Papst Benedikt XVI. leicht gemacht haben, den gebürtigen Westfalen in den Kardinalsrang zu erheben, in den erlauchten Kreis seiner engsten Berater. Doch nicht nur das.

Auch wenn seit 1914 der Erzbischof von München und Freising immer in den Kardinalsrang erhoben wurde, zementiert Benedikt mit der Ernennung von Marx dessen deutsche „Karriere“: Er gilt damit als Mann der Zukunft und als möglicher künftiger Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.

Die Kardinalswürde wird dem Münchner zusätzliches Gewicht verleihen – das schon jetzt nicht gering war. Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, derzeitiger Chef der Bischofskonferenz, sagt in einer Glückwunschadresse an Marx: „Von Anfang an hast Du auch in unserer Bischofskonferenz ein gewichtiges Wort mitgeredet und manche Weichen gestellt.“

Neben den Einflüsterungen für das katholische Kirchenoberhaupt hat das Kardinalskollegium eine eminent wichtige Aufgabe: Es wählt aus seinen Reihen den nächsten Papst. Und der 83-jährige Papst Benedikt XVI. bestellt das Feld. Zur Erinnerung: Schon als er noch als Kardinal Ratzinger Chef der vatikanischen Glaubenskongregation war, zählte der Münchner zu den Hardlinern.

Und so verwundert es nicht, wenn zum Beispiel Christian Weisner, Vorsitzender der Organisation „Wir sind Kirche“, sagt: „Ich kann nicht feststellen, dass die liberaleren Positionen unter den neuen 24 Kardinälen besonders stark vertreten sind.“ Im Gegenteil: Zehn der neuen Papstwähler stammen aus dem direkten, seit Jahren bewährten Umfeld von Benedikt.

Da ist zum Beispiel Angelo Amato dabei, ein 72-Jähriger. Er war in der Glaubenskongregation drei Jahre lang „Zweiter Mann“ und dabei wichtigster Mitarbeiter Ratzingers. Dabei ist auch der oberste Kirchenjurist Raymond Leo Burke, ein konservativer Abtreibungsgegner.

Auch die meisten anderen bekleideten zuletzt hohe Ämter im Vatikan, die sie verloren hätten, wenn sie nicht hinter den Positionen des Pontifex gestanden hätten.

Das Argument, unter den 20 neuen Papstwählern (Kardinäle die älter sind als 80 Jahre, sind nicht stimmberechtigt) seien immerhin vier Afrikaner, zwei Lateinamerikaner und ein Asiate, muss auch nicht für erhöhten Reformeifer des neuen Gremiums sprechen: So wurden in den vergangenen Jahren – schon unter Benedikts Vorgänger Johannes Paul II. – die kritischen, als Befreiungstheologen bekannt gewordenen Bischöfe aus Südamerika nach und nach aussortiert.

Trotzdem ist die Zusammensetzung des Kardinalskollegiums einer näheren Betrachtung wert. Ein paar Zahlen: Mit der Zeremonie im Petersdom vergrößert sich der erlauchte Kreis auf 203 Mitglieder – ein Allzeithoch. Allerdings werden von ihnen nur 121 an der nächsten Papstwahl teilnehmen, die übrigen sind als über 80-Jährige von dem Konklave, so nennt sich die Papstwahl, ausgeschlossen.

Die 24 neuen Purpurträger kommen aus 13 Ländern, das macht den Kardinals-Senat internationaler. Die bisher schon vorhandene Dominanz der Italiener im Kardinalskollegium hat sich – wieder – verstärkt. Sie stellen mit 48 Mitglieder fast ein Viertel des Gremiums, immerhin noch 25 sind unter 80.

Zwar gibt es keine untere Altersgrenze für die Wählbarkeit zum Papst, doch jünger als 60 sollte der Kandidat nicht sein. Kardinal Reinhard Marx muss also noch ein paar Jährchen warten.

Michael Heinrich

http://www.abendzeitung.de/panorama/228393

Zuletzt geändert am 20­.11.2010