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Veröffentlicht am 19­.11.2010

19.11.2010 - Südwestpresse Ulm

Ein besonderer Staatsbesuch

Rom/Freiburg. Die Freude in Berlin und Freiburg ist groß: Im September wird Papst Benedikt XVI. zu einem Staatsbesuch nach Deutschland kommen. Ob die Visite aber auch zum Heimspiel wird, steht noch nicht fest.

Berichte rund um einen bevorstehenden Staatsbesuch von Papst Benedikt XVI. in Deutschland hat die Bischofskonferenz noch vor kurzem ins Reich der Spekulationen verwiesen. Doch fünf Jahre nach dem Amtsantritt Benedikts XVI. erweckt die Tatsache, dass er bereits zwei Deutschlandreisen (2005 Weltjugendtag in Köln und 2008 in Bayern) ohne einen Aufenthalt in Berlin unternommen hat, den Eindruck, er meide die kirchenkritische Bundeshauptstadt.

Von Rom aus gesehen handelt es sich beim ersten Staatsbesuch nach zwei Pastoralreisen in seine Heimat aber schlicht um einen Routinebesuch. Anders als sein Vorgänger Johannes Paul II., der jedes Land nach Polen fuhr, bemüht Benedikt sich, den Eindruck zu vermeiden, er begünstige als Oberhaupt von einer Milliarde Katholiken sein Heimatland. Der im September vorgesehene Besuch ist von langer Hand geplant. Ein leichtes Heimspiel wird die Reise in die Diözesen Berlin, Freiburg und Erfurt dennoch nicht. Im Unterschied zum Papstbesuch in Spanien vor wenigen Wochen wird in Deutschland nicht mit scharfen Anfeindungen gerechnet. Allerdings trifft das Kirchenoberhaupt nach den Worten der katholischen Reformbewegung "Wir sind Kirche" in Deutschland auf eine Kirche, die nach dem Missbrauchsskandal in einer tiefen Krise stecke, so ihr Sprecher Christian Weisner. Allerdings betont der Vatikan, dass die Reise keine Antwort auf die Empörung über Fehlverhalten von Kirchenverantwortlichen darstellt.

Ob Benedikt in Berlin neben Gesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Christian Wulf auch eine große Messe feiern wird, bleibt abzuwarten. Die Hauptstadt ist einerseits besonders stark säkularisiert, andererseits leben aber gerade in Berlin viele Zuwanderer aus katholisch geprägten Ländern des ehemaligen Ostblocks wie Polen und Kroatien.

Mit Erfurt besucht Benedikt erstmals eine ostdeutsche Diözese. Zur Diözese gehört das thüringische Eichsfeld, in dem auch zur DDR-Zeit eine starke katholische Mehrheit lebte. Für die weiterhin jährlich Tausenden Pilger in den Wallfahrtsorten der Region wäre ein Papstbesuch ein Zeichen der Ermutigung.

In der Erzdiözese Freiburg ist die Vorfreude nach den Worten von Erzbischof Robert Zollitsch jetzt schon groß. Der Papstbesuch sei "ein herausragendes Ereignis im Leben unseres Landes und im Leben unserer Kirche", sagte Erzbischof Zollitsch. Wie die Pressestelle der Erzdiözese bestätigte, laufen in Freiburg nun erste Vorbereitungen für das Großereignis. Einzelheiten des Besuchsprogramms stehen noch nicht fest. Anfang kommender Woche wird Erzbischof Zollitsch seine Mitbrüder in der Deutschen Bischofskonferenz informieren. Sollte Benedikt XVI. an einem Samstag oder einem Sonntag nach Freiburg kommen, wäre - neben dem Besuch und dem Gebet im Freiburger Münster - auch ein Gottesdienst unter freiem Himmel möglich. Zollitsch geht davon aus, dass noch vor Weihnachten Details der Reise bekanntgegeben werden.

Auch der Freiburger Oberbürgermeister Dieter Salomon spricht von einer "einzigartigen Ehre und Auszeichnung". Er sagte Erzbischof Robert Zollitsch zu, dass die Stadt mit allen ihren Möglichkeiten daran mitarbeiten wird, dass der Papstbesuch ein fröhliches Fest für alle wird. "Wir werden gute Gastgeber sein", versprach Salomon.

Es ist das erste Mal überhaupt, dass ein Papst Freiburg besucht, sagt Walter Preker, Sprecher des OBs. Ein Gottesdienst im Freien, wie er angedacht wird, könnte seiner Meinung nach auf dem Gelände der Messe und des Flugplatzes stattfinden. Der Landespolizei steht ein Großeinsatz mit tausenden Sicherheitskräften bevor.

http://www.swp.de/ulm/nachrichten/politik/Ein-besonderer-Staatsbesuch;art4306,726812

Zuletzt geändert am 20­.11.2010