| |
Veröffentlicht am 23­.01.2011

23.1.2011 - Märkische Oderzeitung

Unions-Politiker fordern Abkehr vom Zölibat

München (AP) Prominente CDU-Politiker fordern von der katholischen Kirche eine Abkehr vom Zwangszölibat für Priester. In einem Brief rufen sie die deutschen Bischöfe auf, sich im Vatikan für die Weihe verheirateter Männer zu Priestern einzusetzen. Auch der frühere Benediktinerabt Odilo Lechner sprach in einem dapd-Interview für die Aufhebung des Zölibats aus. Die Deutsche Bischofskonferenz machte am Wochenende dagegen deutlich, dass sie in den nächsten Monaten in dieser Frage nichts unternehmen will.

Zu den Unterzeichnern des Briefes gehören Bundestagspräsident Norbert Lammert, Bundesbildungsministerin Annette Schavan sowie die Ex-Ministerpräsidenten Bernhard Vogel, Erwin Teufel und Dieter Althaus. Die Politiker bezeichnen es als „dringend geboten“, die deutschen Bischöfe angesichts der „besorgniserregenden Zunahme des Priestermangels“ zu bitten, die Zulassung sogenannter viri probati („bewährter Männer“) zum Priesteramt zu ihrem Anliegen zu machen.

Alle Gründe, an der bisherigen Praxis festzuhalten, „wiegen unseres Erachtens nicht so schwer wie die Not vieler priesterlosen Gemeinden, in denen die sonntägliche Messfeier nicht mehr möglich ist“, heißt es. Lammert betonte, wenn die Amtskirche zögere, sich mit dem Sinn des Zölibats öffentlich auseinanderzusetzen, „dann müssen es eben engagierte Laien tun“.

Die Bischofskonferenz verwies darauf, dass die Anregung der CDU-Politiker von „weltkirchlicher Tragweite“ sei und daher auf gesamtkirchlicher Ebene behandelt werden müsse. Die Ehelosigkeit sei „ein hohes Gut“.

In den nächsten Jahren würden „die Rückerinnerung an die Beratungen des Konzils vor 50 Jahren und der Gemeinsamen Synode der Bistümer vor 40 Jahren Gelegenheit geben, das Anliegen des Briefes und andere Anregungen zur Weckung von mehr Priesterberufen neu zu bedenken“, argumentierten die Bischöfe. Daher sei dieses Anliegen der Unionspolitiker „für die Gespräche unmittelbar zur Vorbereitung des Besuchs des Heiligen Vaters in Deutschland nicht als Thema vorgesehen“.

Der frühere Abt von St. Bonifaz in München und Andechs, Lechner, mahnte, es sei „notwendig“, den Zölibat zu überdenken. Die Ehelosigkeit von Priestern sei kein Dogma, sagte der 79-Jährige. In der frühen Kirche seien verheiratete Priester selbstverständlich gewesen, und in der ostkirchlichen Tradition sei dies bis heute bewahrt. Die Ehelosigkeit von Priestern sei ein Zeichen, „dass man ganz für Gott da ist“. Die Frage sei aber, ob man deswegen „Gemeinden ohne die Eucharistiefeier, also ohne das Abendmahl, lassen kann“. Lechner sieht in dieser Frage eine Mehrheit in der Kirche hinter sich, sowohl im Kirchenvolk als auch unter den Geistlichen.

Die Bewegung „Wir sind Kirche“ lobte den Brief der CDU-Politiker als „bemerkenswerte und unterstützenswerte Initiative“. Wenn ehemalige evangelische Pfarrer und anglikanische Bischöfe als verheiratete Priester wirken könnten, dann sei zu fragen, warum die Kirche noch so sehr am Pflichtzölibat festhalte. Der Papstbesuch im September dürfe kein Grund sein, den „schon lange überfälligen Dialog über die immer akuter werdenden pastoralen Probleme erneut auf die lange Bank zu schieben“.

Kritik am Vorstoß der Politiker kam dagegen vom Arbeitskreises Engagierter Katholiken in der CDU (AEK). AEK-Sprecher Martin Lohmann warf seinen Parteifreunden vor, mit „öffentlichkeitswirksamer Undifferenziertheit“ alte Fragen aufzuwärmen. Die eigentliche Notlage sei nicht der Priestermangel, sondern der „Glaubensmangel“ in Deutschland.

http://www.moz.de/nachrichten/deutschland/artikel-ansicht/dg/0/1/278540/

Zuletzt geändert am 23­.01.2011